1. Eugenik, Bevölkerungspolitik, Volksgesundheit - Initiativen und Konzepte zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Die Anfänge des modernen eugenischen Denkens reichen in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Vor dem Hintergrund von Charles Darwins Untersuchungen „Über die Entstehung der Arten“ breiteten sich in allen industrialisierten Staaten wissenschaftliche Ansätze aus, die die von Darwin entdeckten Wirkungsweisen der Evolution unmittelbar auf die planvolle Steuerung menschlicher Gesellschaften zu übertragen versuchten. Ausgehend von der biologistischen Vorstellung der Gesellschaft als „Volkskörper“ (Albert Schäffle, 1821 – 1903) gingen Wissenschaftler seit der Jahrhundertwende verstärkt der Frage nach, wie das Erbgut einer Gesellschaft durch „Ausmerzung und Ausjätung“ (Alfred Ploetz) als negativ empfundener Eigenschaften verbessert werden könnte.
In den USA wurden vor diesem Hintergrund bereits seit 1896 Heiratsverbote für „Epileptiker, Schwachsinnige und Geistesschwache“ erlassen, seit 1907 wurden Zwangssterilisationen durchgeführt.
In Deutschland vermischte sich die eugenische Diskussion schon früh mit Theorien über angebliche Unterschiede menschlicher Rassen, die ebenfalls seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa und in den USA eine wachsende Zahl von Anhängern fanden.
Alfred Ploetz und Wilhelm Schallmayer, die als Begründer der eugenischen Diskussion in Deutschland gelten können, prägten bereits Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff der „Rassenhygiene“ (Dok. 1, 2, 3).
Die gesellschaftliche Entwicklung der Epoche war von der Erfahrung eines grundlegenden Widerspruchs geprägt: bahnbrechenden Entwicklungen in Technik und Wissenschaft standen rasante gesellschaftliche Veränderungen gegenüber, die auch neuartige Formen von Elend hervorbrachten. Vor diesem Hintergrund entstand ein breites Feld gesundheits- und bevölkerungspolitischer Iniatitiven, in denen sich der Gedanke der Rassenhygiene zunehmend ausbreitete (Dokumente 4 – 8). Diese Entwicklung wurde durch die Erfahrung des Ersten Weltkriegs dramatisch verschärft (Dok. 9).
Literatur:
Hans-Walter Schmuhl: Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie, Göttingen 1987.
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