Verzeichnis aller grundbesitzenden Personen in der Gemeinde Roth mit Angaben über die Art des Grundbesitzes, des gehaltenen Viehs, der Schulden, die auf dem Grundeigentum lasten, und der Feststellung, ob der Grundbesitz den Besitzer ernährt, 23. Dezember 1857
Das Verzeichnis enthält eine namentliche Aufstellung aller 75 grundbesitzenden Einwohner Roths. Der Grundbesitz wird mit seinem Flächeninhalt erfasst, unterschieden nach stellbarem Land (Äckern), Wiesen sowie Waldung und Trieschern (Ödland). Ferner wird erhoben, wie viele Pferde, Ochsen, Kühe, Rinder und Kälber, Schweine, Schafe und Ziegen gehalten werden. Außerdem wird erfasst, ob der Grundeigentümer ein eigenes Haus und auch eine Hofreite, also einen Hof mit Nebengebäuden, besitzt und ob das Grundeigentum mit Hypotheken belastet ist. Schließlich wird festgehalten, ob sich der Eigentümer von der Bewirtschaftung seines Grundbesitzes ernähren kann. Unter „Bemerkungen“ hat der Bürgermeister regelmäßig festgehalten, welchem (zusätzlichen) Erwerb der jeweilige Grundeigentümer nachgeht.
In der Tabelle werden sieben jüdische Grundeigentümer aufgelistet, die Zahl der Haushaltsvorstände hat sich also seit 1817, als vier Familien nachweisbar waren, fast verdoppelt (siehe Dok. 2.0). Man kann also sagen, die zweite Generation ist erwachsen geworden, und jeweils mehr als ein Sohn ist im Dorf verblieben. In Roth leben Haune Stern (Nr. 5), Meier Höchster (Nr. 6), Abraham Bergensteins Witwe (Nr. 35), Baruch Nathan (Nr. 43), Marcus Wäscher (Nr. 49), Joseph Bergenstein (Nr. 69) und Bonfang Stern (Nr. 72).
Von diesen sieben jüdischen Grundbesitzern verfügen alle über ein Haus und Hofreite, aber nur Haune Stern (Nr. 5) und Baruch Nathan (Nr. 43) auch über Landbesitz. Haune Stern ist der älteste Sohn von Herz Stern, der 1832 ein großes Gehöft (siehe Dok. 3.4) und immer wieder landwirtschaftlich nutzbare Flächen gekauft hat. Haune besitzt Land im Umfang von 5 Kasseler Ackern und Wiesen im Umfang von einem Acker. Dazu hält er eine Kuh. Der Bürgermeister vermerkt, dass er sich nicht ausschließlich von der Landwirtschaft ernährt, sondern zugleich als Handelsmann betätigt. Der jüngere Bruder Haunes, Bonfang (Nr. 72), besitzt hingegen kein Land und kein Vieh, sondern lebt ausschließlich vom Handel.
Laut Dok. 3.5 hat Isaak Höchster seinem Sohn Herz umfangreichen Landbesitz vermacht. Herz taucht in dieser Statistik deshalb nicht auf, weil er bereits 1852 verstarb. Seine Ehefrau Giedel ehelichte daraufhin Baruch Nathan aus Lohra, der in der vorliegenden Statistik als Eigentümer dieses Besitzes, nämlich von 9 Kasseler Ackern Land und einem Kasseler Acker Wiesen, geführt wird (Nr. 43). Wie Haune Stern hält auch er eine Kuh. Herz Höchsters Bruder Meier, der kein Land geerbt hat, besitzt nach wie vor keine landwirtschaftlichen Liegenschaften, hält aber eine Ziege. Die übrigen, Abraham Bergensteins Witwe und Joseph Bergenstein sowie Marcus Wäscher, halten ebenfalls jeweils eine Ziege. Alle männlichen Juden betätigen sich als Handelsleute.
Verfolgt man die Grundbesitzentwicklung anhand der Kataster weiter, so erwerben alle jüdischen Familien mit Ausnahme der Familie Wäscher im Laufe des 19. Jahrhunderts landwirtschaftliche Flächen, wobei die Familienzweige der Sterns und der Höchsters/Höxters hierin am erfolgreichsten sind.
Schaut man sich die Besitzverhältnisse in der Aufstellung insgesamt an, so ist festzustellen, dass die beiden Juden zwar eher zu den kleinen Landbesitzern zählen, der Umfang jedoch nicht untypisch ist für Roth, wo es viele Einwohner mit geringem Landbesitz gibt, die zusätzliche Erwerbsquellen für ihren Lebensunterhalt benötigen. Diese betätigen sich allerdings mehrheitlich als Handwerker (Schuhmacher, Korbmacher, Schmied, Maurer, Küfer etc.), daneben als Tagelöhner.
Annegret Wenz-Haubfleisch
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