Ausbesserung der Judenordnung von 1739.
Editierte Transkription (Einleitung und Randvermerke):
"Wir Friedrich von Gottes Gnaden der Schweden, Gothen und Wenden König, [...] Landgraf zu Hessen, Fürst zu Hersfeld, Graf zu Katzenelnbogen, Diez, Ziegenhayn, Nidda und Schaumburg, [...]
Entbieten Allen und Jeden in Unsern Hessischen Fürstenthumen und Landen, auch dazu gehörigen Graf- und Herrschaften unsere Königliche Gnade und fügen denenselben darneben hiermit zu wissen: Nachdem Wir die vorhin ausgelassene Judenordnung zu verbessern und zu erläutern gnädigst gut gefunden. Als ist Unser ernstlicher Wille und Befehl hiermit, dass es derer in Unsern Hessischen Landen befindlichen Juden halber, hinkünftig überall nachfolgendermaßen gehalten werden soll.
1. Juden sollen ohne Schutz-Brief im Lande nicht geduldet werden.
2. In denjenigen Orten, wo vorhin kein Jude gewohnt, soll auch keiner aufgenommen werden.
3. Ein Schutz suchender Jude soll 1) eines inländischen Schutz-Juden ältester Sohn, 2) 25 Jahr alt, und 3) wenigstens 500 Thaler vermögend sein, auch 4) seines guten Wandels halber, und 5) dass die Einwohner des Orts, wohin er Schutz suchet, gegen seine Reception nichts einzuwenden, Attestata, wie nicht weniger 6) von denen Vorstehern beibringen, dass er Praestanda zu praestiren im Stande, und die Judenschaft eventualiter für ihn haften wolle. Juden sollen in denen Städten über Domestiquen nicht halten.
4. Jeder Hausvater muss für seine Kinder und Domestiquen haften.
5. Von denen Beamten muss jährlich eine Juden-Specifikation an die Regierungen und Kanzleien wie auch an die Renth-Kammer eingeschickt werden.
6. Verdächtige oder Bettel-Juden sind gar nicht im lande zu dulden. Fremde unverdächtige abernur auf gewisse Zeit und mit Vorwissen der Obrigkeit. In denen Festungen aber darf kein Jude ohne obrigkeitlichen Schein über nacht bleiben. Insbesondere in der Residenz und Festung Cassel, müssen fremde und einheimische für jede nacht, welche sie darinnen bleiben 1 Ducaten zahlen, wovon jedoch die mit der Post ankommende und mir der folgenden wieder wegreisende ausgenommen. Imgleichen sind hiervon die die Märkte besuchende 4 tage frei.
7. Schutz-Geld und sonstige Judenschaftliche Praestanda müssen zu bestimmter Zeit bei Strafe doppelter Bezahlung, abgeführet werden. Dagegen die juden mit Weib und Kinern für aller Gewalt geschützet und gleich andern Christlichen Untertanen bei Gleich und Recht gehandhabt werden.
8. Es darf keine Judenschaftliche Mannsperson und 25 Jahren, und eine Weibperson und dem 20. Jahre heiraten. Auch sollen die verheirateten Kinder ohne Schutz über 4 Wochen bei ihren Eltern und im lande nicht geduldet werden.Dere Juden Kinder und Dienstboten dürfen für sich nicht handeln, noch mit ihren Eltern und Brod-Herren in Gemeinschaft stehen. Welche Juden-Personen nicht handeln dürfen.
9. Juden sollen bei Christen nicht wohnen, wenn sie andere Gelegenheit haben können, auch keine Christliche Dienstboten im Hause halten. Säugammen werden in höchstem Notfall erlaubt, wie ingleichen die sogenannte Sabbats-Weiber
10. Juden sollen nicht auf christliche religion schmähen.
11. Wie es mit ihrem vermeinten Gottesdienst zu halten.
12. Wie sich die Judem auf derer Christen Sonn- und Feiertage zu verhalten. Denenselben wird erlaubt, wenn sie auf der Reise sein, solche an Sonn- oder Feiertagen fortzusetzen. Dürfen ihre Tote zwar auf die Sonn- und Christliche Fest-Tage, jedoch nicht eher, als wenn aller Chrsitlicher Gottesdienst vorbei ist, begraben.
13. Strittigkeiten in jüdischen Ceremonien-Sachen gehören vor den Rabbiner zur Entscheidung. Wie es desfalls mit den Strafen zu halten. Worauf die Jüdische Ceremonien-Sachen nicht zu extendiren sind.
14. Wie es in Delictis und Malefiz-Sachen zu halten.
15. Die Schlicht- und Richtung, wann ein Jud den andern Actione personali belangt, wird dem Rabbiner ebenfalls bis auf anderweitige Verordnung gestattet.
16. Wie es mit Obsignation und Verfertigung der Inventarien zu halten. Solche sollten jedesmal an die Renth-Kammer eingesadt werden.
17. Bevormungung geschiehet vor den Beamten, von welchen auch alljährlich die Judenschaftliche Vormundschafts-Rechnungen abzuhören. Wie imgleichen alle Jüdische Ehe-Pacta und andere der Juden Erbschaft angehende Instrumenta confirmirt werden sollen.
18. Forum der Juden ratione Actionum realium, wo es sein soll.
19. Den Juden ist erlaubt im Lande aufrichtigen Handel und Wandel mit allerhand Waren öffentlich zu treiben.
20. Der Garn-, Häute- und Lederkauf, auch das Schlachten in ihren Häusern wird denselben ebenfalls auf gewisse Maße verstattet. Müssen aber von allen Wildhäuten, so sie kaufen, gehörigen Orts-Anzeige tun. Und dürfen kein Fleisch pfundsweise verkaufen.
21. Juden müssen alles an sich bringende Bruchgold und Silber zur Münze liefern und dürfen solches außer Landes nicht verpachten, noch durch Einschmelzen und sonsten der Münze entziehen. Auch kein Geld ohne Obrigkeitliche Erlaubnis außer Landes schicken.
22. Juden mögen von großen ausgeliehenen Summen über 20 Taler 6 pro Cent Interesse dergbleichen nehmen. Dürfen aber hierbei keinen Wucher treiben, noch auch anstatt der Geld-Zisen, Frucht, Garn und dergleichen nehmen. Was bei den Schuld-Beschreibungen zu beobachten [sei]. Wenn die ausgeliehene Summa unter 20 Taler, darf davon 8 pro Cent genommen werden. Und gelten alsdann privat Handschriften, so von ein paar Zeugen mit unterschrieben. Wie und welcher Gestalt Wechsel-Briefe gelten sollen.
23. Unerlaubte Cessiones Actionum werden nach den Reichs-Satzungen getraft.
24. Juden müssen alle Contracte und handlungen in ihrem alleinigen Rahmen schließen und keine Gefährde brauchen.
25.Dürfen, wenn sie mit auswärtigen contrahiren, keinen Hessischen Bürgen oder Geldschuldner mit einführen.
26. Sollen, wenn gestohlene oder verdächtige Sachen an sie kommen, davon sogleich Anzeige tun.
27. Strafe des Wuchers.
28. Kein Jude darf, ohne dass er vorher das Abzugs-Geld berichtiget und einen Abschied erlangt außer Landes sich hinweg begeben.
29. Juden sollen keine Feld-Güter, so wenig käuflich als gewisse Maße unterpfändlich, an sich bringen.
30. Auch keine Früchte auf dem Halm kaufen, noch wenn sie jemand vorgestrecket, sich dagegen Früchte, in einem geringeren als Marktgängigen Preise, wieder liefern lassen. Juden sollen keiner Obrigkeit etwas schenken, noch diese das Geringste von ihnen annehmen.
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