Judenordnung aus dem Jahr 1739, erlassen durch Friedrich, König von Schweden und Landgraf zu Hessen-Kassel
Vgl. die ausgebesserte Judenordnung von 1749.
Editierte Transskription (Randvermerke):
"Was im Landtags-Abschied de anno 1731 der Juden halber enthalten wird erneuert und bestätigt.
1. An denjenigen Orten, woselbst vorhin kein Jude gewohnt, soll auch fürs künftige keiner aufgenommen werden.
2. Die neu recipirt zu werden verlangenden Juden sollen ihrer Aufführung halber und dass sie die publica Praestanda anzuführen im Stande, auch dass die sämtliche Judenschaft davor stehen wolle, von den Judenschaftlichen Vorstehern Attestata beibringen.
3. Vor der Reception sollen auch die Christliche Einwohner ob und was sie dagegen einzuwenden haben von der Obrigkeit befragt und davon wie auch andern Umständen berichtet werden.
4. Ein jeder Schtz suchender Jude soll wenigstens 500 Rthl. [Reichsthaler] im Vermögen haben.
5. Kein Jude soll ohne ausgewürckten Landesherrlichen Schutz-Brief oder von der Renth-Kammer ad interim erteilten Toleranz-Schein im Lande geduldet werden.
Bei Straf der Ordnung vom 16/27. Tag [des] Mai 1735 als welche erneuert und verschärft wird.
Fremde Juden werden zu Zeiten der Jahrmärkte gegen Vorzeigen eines Obrigkeitlichen Passes ohngehindert pass- und repassiret.
6. Alle Juden so über 14 Jahr alt sollen der Landesherrschaft den End der Treue schwören.
Haus-Väter sollen für ihre Kinder und Gesinde haften.
7. Jährlich auf den ersten Tag May sollen von jedes Orts-Obrigkeit eine Specification aller unter ihrem Gerichts-Zwang gesessener Juden-Personen zur Regierung und Renth-Kammer eingeschickt werden.
8. Die Renth-Kammer soll die Direction und Inspection über das Judenschaftliche Wesen im Lande haben.
9. Bettel- und sonst verdächtige Juden sind gar nicht, fremde unverdächtige aber mit Vorwissen der Obrigkeit auf die determinierte zeit zu dulden.
Welchen Juden keinen Zoll bezahlen lönnen werden für Bettel-Juden gehalten und sollen nicht einmal ins Land gelassen werden.
Welcher inländische Schutz-Jude oder Christ hiergegen einen fremden Juden beherbergt und duldet soll in 10 Rthl. Strafe verfallen sein.
Die Juden-Vorsteher müssen auf die sich einschleichenden schutzlose Juden invigilieren und solche der Obrigkeit anzeigen.
Der Leib-Zoll muss jedesmal gelöst werden.
10. Das Schutz-Geld und übrige Landesherrliche Praestanda müssen zur bestimmten Zeit richtig bezahlt werden, sub poena dupli, dagegen werden die Juden mit den Ihrigen wider alle Gewalt geschützt.
11. Die verheirateten Juden-Kinder werden ohne Schutz-Briefe nicht geduldet, auch wie es mit derer Juden-Heirat und Copulationen zu halten.
Wie es mit der Juden Dienstboten zu haltn und dass dieselben wie auch der Juden Juden Kinder, so bei den Eltern sind, gar nicht für sich handeln oder mit ihren respective Brot-Herren und Eltern in gesamtschaftlichem Handel stehen sollen.
Welche Juden-Personen mehr nicht handeln dürfen.
12. Die Schutz-Juden sollen nicht bei Christen wohnen, noch Christliche Gesinde halten außer auf ihren Sabbat.
13. Die Juden sollen auf die Christliche Religion nicht schmähen oder lästern, vielweniger denen, so sich zu der Christlichen Religion bekehret, Feindschaft erzeigen.
14. Wie es mit der Juden Gottesdienst zu halten.
15. Wie sich die Juden auf der Christen Sonn- und Feiertagen zu verhalten haben.
16. Die wegen jüdischer Ceremonien verfallenden Strittigkeiten sollen vom Rabbiner erörtert werden.
Wie es mit den Strafen desfals gehalten werden soll.
Bei der renth-Kammer sollen alle Judenschaftlichen Haupt-Rechnungen abgehört werden.
17. Auf welche Fälle solche dem Rabbiner nachgelassene Cognitio und Decifio nicht zu extendiren.
18. Malefiz und peinliche Sachen sollen vor keinen Rabbiner gebracht und vor demselben abgetan werden.
Juden sollen ncihts was der Obrigkeit zu richten gebührt oder der Obrigkeit anhängig ist unter sich vertragen, noch durch durch den Rabbiner vertragen oder entscheiden lassen.
19. Wie es mit den Personal-Streitigkeiten, besonders Civil- und Schuld-Sachen betreffend, auch mit den Inventarien, Verordnungen, Pactic dotalibus, letzten Willens-Dispositionen etc. gehalten werden soll.
20. Wo der Juden Forum ratione actionum realium sein soll.
21. Wie es zu halten, wenn die Juden einen Christen zu verklagen haben.
22. Den Juden-Weibern und Kindern sollen die Privilegia dotis & illatorum zum Nachteil der Christen nicht angedeihen.
Mutwillige Banquerotten der Handels-Juden sind mit allem Rigueur zu bestrafen.
23. Womit und welcher Gestalt den Schutz-Juden zu handeln verstattet wird.
24. Handels-Juden sollen ihre ordentliche Handels-Bücher halten, welche jedoch gegen Christen keinen halben Beweis ausmachen.
25. Juden sollen alle Wechsel und sonst ins Commercium einschlagende Scheine in Deutscher Sprache mit Deutschen Litteren schreiben und unterschreiben, auch keinen andern Namen als der im Schutz-Brief enthaltene jemals führen.
26. Den Juden wird der Garn-, Häute und Leder-Kauf, auch das Schächten auf gewisse Art nachgegeben.
Das Bierbrauen aber zu feilem Kauf gänzlich verboten.
27. Wie es mit dem Gold- und Silberkauf, auch Geldwechseln und Verschicken, einzurichten.
28. Von der Juden künftigen Geldausleihen auf Pension und Ausfertigung der Handschriften darüber.
Wie es mit den Wechsel-Briefen zu halten [ist].
29. Vom Ausleihen der Juden auf Pfänder.
Juden sollen richige Pfand-Bücher halten.
30. Welchergestalt denjenigen, so unter väterlicher oder anderer Gewalt stehen, von Juden sicher geliehen werden mag.
31. Welche Sachen den Juden Kaufs- oder Leihe-Weise an sich zu bringen verboten sein soll.
32. Wie sich die Juden in Ansehung gestohlener oder überhaupt verdächtiger Sachen zu verhalten haben.
33. Juden sollen keine Feld-Güter so wenig käuflich als auf gewisse Maße unterpfändlich an sich bringen.
34. Von Cession der Juden-Schulden an Christen.
Wie das ordnugswidrige Geldausleihen bestraft werden solle.
35. Wie sich die Juden bei der Handlung, wozu sie ausländisch Geld gebrauchen, verhalten sollen.
Die Schutz-Juden sollen all ihr Vermögen versteuern.
36. Wie sich die Juden bei Contracten mit Ausländern in Ansehung der Sicherheit prospiciren mögen.
37. Juden sollen jede Art ihre Praestandorum zu gesetzter Zeit sub poena dupli abführen.
38. Was die Juden, wenn sie ihren Schutz-Ort verändern, oder gar außer Land ziehen wollen, vorher beobachten und berichtigen sollen.
39. Juden sollen an hierinnen bemeldete Obrigkeitliche personenen, der Weiber, Kinder etc. keine Geschenke geben oder geben lassen; noch weniger diese von jenen dergleichen annhemen, oder ihnen zu gute nehmen lassen."
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