9. b.) Bestellung auswärtiger Theilnehmer an den beabsichtitgen Ausbruch. (§ 9)
§. 9.
In Gemäßheit des in Großgartach gefaßten Beschlusses entwickelten die Frankfurter Revolutionäre fortan eine große Thätigkeit. Dr. Gärth reiste aus Straßburg und Besançon, um sich der Theilnahme der dortigen polnischen Insurgenten, denen er einen Wechsel auf 3000 francs überbrachte, zu versichern. Friedrich Breidenstein ging nach Gießen, wo er die Burschenschaft aufforderte, sich bereit zu halten, und einige ihrer Mitglieder nach Frankfurt zu senden, was ihm auch zugesagt ward; wonächst er sich, ohne Zweifel in gleicher Absicht, nach Marburg begab. – Ein dritter, der Advokat Dr. Gustav Körner von Frankfurt machte zwey ähnliche Missions – Reisen, die eine nach Würzburg, Leipzig, Jena, Kassel und Göttingen, die andere nach Mainz, Rheinbaiern und Metz in Frankreich. Gleichzeitig veranlasste der Dr. med. Gustav Bunsen von Frankfurt mündlich und schriftlich die geschäftsführende Burschenschaft in Heidelberg, sich zum Aufstande, dessen Erfolg er als völlig gesichert rühmte, zu rüsten und auch die übrigen Burschenschaften aufzufordern, einzelne Theilnehmer nach Frankfurt zu senden. – Der Advokat Dr. Neuhoff von Frankfurt endlich reiste am 21. März 1833 nach Ludwigsburg, wo er dem Oberlieutenant Koseritz eröffnete: Die Frankfurter hätten ihren Plan geändert, und ließen ihn auffordern, zuerst und zwar bestim[m]t innerhalb vierzehn Tagen loszuschlagen, sich zunächst des Arsenals in Ludwigsburg zu bemächtigen, und hierauf unter jeder Bedingung mit seiner Mannschaft nach Frankfurt zu marschieren, um sofort mit den sich daselbst concentrirenden Truppen der Revolutionsparthey sich zu vereinigen. Koseritz lehnte jedoch dieses Ansinnen, welcher in ihm Zweifel über die den Frankfurtern zu Gebot stehenden Mittel erweckte, ab, erneuerte aber sein Versprechen, gleichzeitig mit, - oder wenigstens den Tag nach den Frankfurtern, den Aufstand in Ludwigsburg zu begin[n]en. Einige Tage darauf erhielt Koseritz von Gärth ein mit chemischer Tinte, wozu Neuhoff das Auflösungsmittel zurückgelassen, geschriebenes Billet, des Inhalts: „Lieber Koseritz! Nun losgeschlagen, kein Blut geschont! die Polen brechen auf aus Besançon; ich habe die bestellt; sie werden durch die Schweiz in Deutschland einfallen. - “ Diesem Schreiben folgte gleich darauf ein zweites, indem Koseritz dringend an die Erfüllung seines Versprechens erinnert ward. Derselbe will sich jedoch nun mehr und mehr überzeugt haben, daß weder die Mittel der Verschworenen, noch die Stimmung des Volkes für jetzt das Gelingen des beabsichtigten Unternehmens hoffen ließen, und er schickte daher am 29. März 1833 den Gürtler Dorn von Ludwigsburg nach Frankfurt, angeblich um den dortigen Revolutionären von einem unzeitigen Ausbruche abzurathen und ihnen zu melden, daß er innerhalb der festgelegten Frist in Ludwigsburg nicht losschlagen könne. Als fester und ernstlicher Entschluß des Koseritz scheint aber dieser Auftrag weder ausgerichtet, noch aufgenom[m]en worden zu sein. Aus allen Umständen geht vielmehr hervor, daß sich die Frankfurter bis zum letzten Augenblick auf sein Versprechen verlassen haben, damals auch, im Vertrauen auf die geleistete Zusage, schon so weit gegangen waren, daß sie nicht wohl mehr zurücktreten konnten. Bereits trafen nämlich in den letzten Tagen des März 1833 die bestellten Theilnehmer des Aufruhrs von allen Seiten in Frankfurt ein. Von Heidelberg kamen die Burschenschaftler Karl von Reitzenstein, aus Celle, Eduard Fries, Ernst Mathiae, und Herrmann Friedrich Moreé aus Grünstadt in Rheinbaiern, Heinrich Eimer aus Lahr und Peter Feddersen aus Altona. Die Burschenschaft in Würzburg sendete die Studenten Adolph Wislizenus aus Königsten, Bernhard Lizius aus Aschaffenburg, Julius Rubner aus Wunsiedel, Heinrich Joseph Freund aus Pirmarsens, Karl Sigmund Pfretschner aus Cronach, Ignaz Sartori aus Würzburg, Johann Dörflinger aus Brückenau, Friedr. Gambert aus Regensburg und Eduard von Welz aus Kelheim. Diesen schloßen sich von der Universität Erlangen die Studenten Friedrich August Crämer aus Rheinlangheim, Bernhard Julius Dähnert aus Rügenwalde und Friedrich Handschuh aus Niederwehren an, welche der vorerwähnte Lizius zur Theilnahme beredet, und abgelehnt hatte. Von Göttingen, wohin die Frankfurter noch zu Ende Merz den vormaligen Würzburger Studenten Augustin Kunradi aus Augsburg entsendet hatten, erschienen August Ludwig Rochau aus Wolfenbüttel, Julius Thankmar Alban aus Gräfentonna und Karl Friedrich Holzinger aus Ansbach. Von Gießen endlich fanden sich ein: der dortige Student Alexander Lubansky aus Warschau, der Privatlehrer Ernst Schüler aus Darmstadt relegirte Student Eduard Scriba aus Schwickartshausen. Von der Rheinuniversität Tübingen kam niemand, wahrscheinlich weil das an den Studenten Böhringer gerichtete Einladungsschreiben diesem, der bereits eine Ferien – Reise angetreten hatte, zu spät eingehändigt ward. Aehnliche Umstände schienen auf die Abordnung von Mitgliedern der Burschenschaften zu München, Jena und Kiel nach Frankfurt verhindert zu haben. Uebrigens würde sich, wie Mehrere angaben, jedenfalls eine viel größere Anzahl von Studierenden daselbst eingefunden haben, wenn diesselben nicht das Gelingen des dortigen Unternehmens als ganz unzweifelhaft betrachtet hätten. Jedessen bereiteten die in den Universitäts – Städten Zurückbleibenden sich vor, auf die erste Nachricht von dem Ausbruche der Revolution in Frankfurt gleichfalls loszuschlagen. Die Vereins – Mitglieder in Heidelberg schafften sich zu diesem Behufe Waffen an, wozu auf der in 60 f bestehende Betrag der dortigen Preß – Vereins – Kasse verwendet ward, und verabredeten, sich zunächst der der Stadt Heidelberg gehörigen Kanonen zu bemächtigen, sodann nach Mannheim zu ziehen, mit den dortigen revolutionären gesinnten Bürgern sich zu vereinigen, hiernächst ihren Genossen aus Rheinbayern die Rheinbrücke freizuhalten, und gemeinschaftlich mit diesen alsdann das Mannheimer Zeughaus zu stürmen. Aehnliche Vorbereitungen und Verabredungen fanden auch in Gießen statt. Dort traten Personen, die den Studenten Jahren entwachsen waren, namentlich der Privatdozent Dr. Hundeshagen, und der Candidat Ernst Schüler an die Spitze, versam[m]elten revolutionär gesinnte Studenten und junge Bürger, eröffnete ihnen kurz vor dem 3. April, den auf diesen Tag bestim[m]ten Ausbruch der Revolution in Frankfurt und forderten sie zur Bewaffnung auf, die dann auch theilweise erfolgte. Alle erwarteten nur die Nachricht von dem glücklichen Ausfalle in Frankfurt, um Gießen und die Umgegend zu revolutioniren. Weidig war es, von dem sie am 4. April früh Nachricht über den Stand der Sache einholen liessen, und eine Reise, welche Dr. Hundeshagen unmittelbar nach der erhaltenen Nachricht von dem Ausfalle des Attentats in Frankfurt, zu dem in das Treiben vielfach verwickelten damaligen Apothekers Doering in Marburg, - dem Hauswirthe Jordans – unternahm, spricht dafür, was auch anderweit bestätigt wird, dass zwischen Gießen und Marburg über diese Angelegenheit das Einverständniß nicht fehlte. Nach einer weiteren Aussage war auch in Würzburg von einem Ueberfalle der dortigen Festung die Rede. Außer den vorerwähnten Studenten trafen um die angegebene Zeit mehrere andere Meuterer in Frankfurt ein; so von Straßburg die schon oben genannten politischen Flüchtlingen Dr. Ernst von Rauschenblatt aus Alsfeld und August Kunradi aus Augsburg; dann der flüchtige Würzburger Student Wilhelm Zekler aus Nürnberg mit dem gleichfalls bereits genannten Wilhelm Obermüller aus Karlsruhe, welcher unterwegs seinem Bruder, den Kellner Theodor Obermüller und den vormaligen Freiburger Studenten Ludwig Silberrad aus Ferlach mitnahm, auch mit dem Zeitungsredakteur Abatty in Karlsruhe verkehrte, und von seinem Vermögen eine baare Summe von 1500 fr erhob, wovon ohne Zweifel ein Theil für die Meuterei verwendet worden ist. Derselbe soll seinen Genossen eröffnet haben, daß auch in Mannheim und den badischen Oberlande revolutionäre Vereine bestünden. Der mit seiner Familie auf der Auswanderungs – Reise nach Amerika begriffene vormalige Münchner Student Theodor Engelmann von Imsbach in Rheinbayern kehrte von Metz nach Frankfurt zurück, um, wie er unterwegs einem Bekannten vertraute, „ die dortigen Bundestagsgesandten hängen zu halten.“ Endlich fanden sich hier auch mehrere polnische Offiziere ein, von welchen zwey zuvor mit dem pensionirten Hofgerichtsrathe v. Itzstein in Mannheim einen verdächtigen Verkehr gepflogen hatten.
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