7. Forstvermessung und -beschreibung

Baumhöhenmessgerät zur Ermittlung der Holzmasse stehender Bäume, [um 1910]
Auszug aus: Weimann, Hans-Joachim, Bemerkungen zum Wirken der hessen-kasselschen Forstleute Ludwig Christian von Einsiedel, Ernst Friederich Harting und Raban Freiherr Spiegel von und zu Peckelsheim, in: "Weil das Holz eine köstliche Wahre" - Wald und Forst zwischen Mittelater und Moderne, Hg. von Andreas Hedwig, Marburg 2006, S. 123-131.
Als 1736 die Grafschaft Hanau-Münzenberg geerbt wird, beruft der spätere Landgraf Wilhelm VIII. alsbald den Jägermeister Ludwig Christian v. Einsiedel an die Spitze einer Besichtigungskommission, um seiner Uns bekannten im Forstwesen besitzenden habilité und tiefsten Einsicht halber [...] in genaue Überlegung zu ziehen, wie etwa unser Forstwesen in unserer hiesigen Grafschaft vors Künftige einzurichten. Ein Ergebnis ist die Hanau-Münzenberger Forstordnung, die wohldurchdachte Anweisungen zur Förderung der natürlichen Verjüngung von Buchenaltbeständen enthält und in der hessischen Waldbaugeschichte einen wichtigen Fortschritt bedeutet.
Wegen Brennholznot der Burgwaldgemeinden war Ludwig Christian v. Einsiedel zwei Jahre zuvor mit einer Inventur der dortigen Buchenbestände beschäftigt. Am 1. Mai 1734 hat er mit einer Waldbereitung der landgräflichen Forsten im Oberfürstentum Marburg begonnen. Da er wegen zunehmender Klagen über Brennholzmangel 1750 beauftragt wird, die Inventur zu wiederholen, kommt es zu dem forstgeschichtlichen Glücksfall eines Zustandsvergleichs durch den gleichen Taxator. Für 1734 ergibt sich aus der Einsiedel‘schen Zusammenstellung ein Gesamtbrennholzvorrat von rund 592.000 Klafter. Sechzehn Jahre später sind es dann nur noch 442.000 Klafter, 25% weniger. Für die landesherrlichen Teile des Burgwaldes beträgt die Minderung sogar 28%. Ein so großer Verlust in so kurzer Zeit ist in einer grundlegenden Arbeit über dieses Waldgebiet zunächst als unvorstellbar empfunden worden. Ludwig Christian v. Einsiedel hat indessen die Verluste Forstort für Forstort im einzelnen nachgewiesen. Es ist zwar eine drastische Relation, aber auf niedrigstem Niveau. Wenn man die Zahlen auf heutiges Maß umrechnet, so sind dies für die landesherrlichen Forsten im Burgwald und das Jahr 1734 nur noch etwa vierzig Kubikmeter Brennholz je Hektar einschließlich Rinde und Reisig. Das sind nur 15% des heutigen Holzvorrats. Eine weitere Abnahme um 28% in 16 Jahren oder um 0,7 Kubikmeter je Jahr und Hektar ist bei einer derart geringen Menge dann doch glaubwürdig. So vermitteln die Waldbereitungsprotokolle des Ludwig Christian v. Einsiedel ein eindrucksvolles Bild über die Abholzung eines großen hessischen Waldgebietes mit einem schlimmen Tiefpunkt der Entwicklung in der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Eindrucksvoll sind seine Notamina, wo zur Aufnahm und Wiederherstellung derer Waldungen im Oberfürstenthumb Marburg und in specie des Burgwaldes ohnumbgänglich vonnöthen. Darin empfiehlt er u.a.:
Wegen Brennholznot der Burgwaldgemeinden war Ludwig Christian v. Einsiedel zwei Jahre zuvor mit einer Inventur der dortigen Buchenbestände beschäftigt. Am 1. Mai 1734 hat er mit einer Waldbereitung der landgräflichen Forsten im Oberfürstentum Marburg begonnen. Da er wegen zunehmender Klagen über Brennholzmangel 1750 beauftragt wird, die Inventur zu wiederholen, kommt es zu dem forstgeschichtlichen Glücksfall eines Zustandsvergleichs durch den gleichen Taxator. Für 1734 ergibt sich aus der Einsiedel‘schen Zusammenstellung ein Gesamtbrennholzvorrat von rund 592.000 Klafter. Sechzehn Jahre später sind es dann nur noch 442.000 Klafter, 25% weniger. Für die landesherrlichen Teile des Burgwaldes beträgt die Minderung sogar 28%. Ein so großer Verlust in so kurzer Zeit ist in einer grundlegenden Arbeit über dieses Waldgebiet zunächst als unvorstellbar empfunden worden. Ludwig Christian v. Einsiedel hat indessen die Verluste Forstort für Forstort im einzelnen nachgewiesen. Es ist zwar eine drastische Relation, aber auf niedrigstem Niveau. Wenn man die Zahlen auf heutiges Maß umrechnet, so sind dies für die landesherrlichen Forsten im Burgwald und das Jahr 1734 nur noch etwa vierzig Kubikmeter Brennholz je Hektar einschließlich Rinde und Reisig. Das sind nur 15% des heutigen Holzvorrats. Eine weitere Abnahme um 28% in 16 Jahren oder um 0,7 Kubikmeter je Jahr und Hektar ist bei einer derart geringen Menge dann doch glaubwürdig. So vermitteln die Waldbereitungsprotokolle des Ludwig Christian v. Einsiedel ein eindrucksvolles Bild über die Abholzung eines großen hessischen Waldgebietes mit einem schlimmen Tiefpunkt der Entwicklung in der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Eindrucksvoll sind seine Notamina, wo zur Aufnahm und Wiederherstellung derer Waldungen im Oberfürstenthumb Marburg und in specie des Burgwaldes ohnumbgänglich vonnöthen. Darin empfiehlt er u.a.:
- Daß die Wildbahn am Burgwalde, weil das Wildepreth in der mitten deßelben die Schläge und Geheege nicht aufkommen lässt, [...] umb ein merkliches und wo nicht gar umb die helfte doch wenigstens über 1/3 zu vergeringern.
- Daß die alten vor mehr als 40 oder 50 Jahren zu lichte ausgehauenen Schläge, allwo das graß überhand genommen, durch einstweiliges behüten oder abmehung des alten graßes gesäubert und diejenige, wo weder graß noch Holz gewachsen, umbgeackert oder gehacket und mit allerhand Holzsaamen nach Beschaffenheit grundt und Bodens besehet undt wieder zum anwachs gebracht.
- Daß das junge reiß und Stangenholz zu rechter Zeit ausgeleuttert, geschneitelt und zum wachsthumb befördert [...]
- Daß das schädliche Laubhohlen zum Streuen, in specie am Burgwald und an anderen orthen, gäntzlich abgeschaffet [...] im maßen durch das Laubhohlen denen Waldungen die Nahrung und Düngung entzogen und dem jungen Stangenholz der wachsthumb benommen [...].
Ausgehend von den Einsiedel’schen Inventuren ist es schließlich gelungen, eine Zeitreihe der Baumartenverteilungen aus den forstlichen Inventur- und Planungswerken zusammenzustellen, die man Forsteinrichtung nennt. Es handelt sich um 12 Inventuren in einer Zeitspanne von 250 Jahren1.
Im Jahre 1747 sehen wir v. Einsiedel als forstlichen Organisator des Reinhardswaldes. Er ist der prominenteste Forstmann in einer vierköpfigen Bereitungskommission, zu der auch der Kammerpräsident v. Borck gehört. Die Beteiligung des Präsidenten erklärt sich wohl aus der besonderen jagdlichen Bedeutung dieses Waldgebiets. Der Reinhardswald wird um besserer Aufsicht und Ordnung willen in acht Forste geteilt. Der Ordnung bedurfte auch die allzu weitgehende Nutzung als Viehweide. Landgraf Philipp der Großmütige hatte zwar einst einem über Wildschäden klagenden Bauern sinngemäß gesagt: Wenn er den Kühen der Bauern erlaube, in seinen Wald zu gehen, so müßten die Tiere des Landesherrn doch auch auf dem bäuerlichen Feld fressen dürfen2. Zur Plage wird beides. Nun wird die Waldweide durch ein Hute-Reglement begrenzt. Ludwig Christian v. Einsiedel unterschreibt auch am 4. Dezember 1747 eine Dienstanweisung für die acht Reitenden Förster im Reinhardswald und verpflichtet sie unter anderem uf die junge Gehege und Schläge fleißig acht zu haben, damit solche nicht durchhütet oder sonsten verderbt, auch keiner dem andern in seine abgeteilte Hute komme, sondern dem neuen Hudens Reglement so wohl von ihnen als auch von andern stricte nachgelebt werde. Ein weiterer von den nur fünf Punkten dieser Vorschrift gilt der Bestandsbegründung: Sollen sie sich die Fortführung der Eichell Garten und Zuschläge wie auch die Verpflanzung der jungen Buchen und Haynebuchen wohl angelegen sein lassen. Schließlich sollen sie in Summa alles tun, was ein treufleißiger Förster zu tun schuldig [...].
Wie v. Einsiedel wird Ernst Friedrich Hartig Chef des Hessen-Kassel’schen Forstwesens – ein Jahrhundert später. Praktisch ausgebildet wurde er von seinem kompetenten Vater und seinem später sehr berühmten ältesten Bruder Georg Ludwig. Studiert hat er in Göttingen und Marburg. Hier war er Schüler von Jung-Stilling. In den ersten sechs Berufsjahren hat Hartig vor allem mit gutachterlichen und planerischen Aufgaben zu tun. Fast 20 Jahre lang ist er in Fulda tätig unter zunächst Nassau-Oranischer, dann Französischer, dann Großherzoglich Frankfurter, schließlich Kurhessischer Herrschaft. In einer Autobiographie schreibt Hartig, er habe vom Jahre 1797 an, zweien Kaisern, einem Könige, zweien Kurfürsten, einem Großherzog, einem Landgrafen, einem Fürsten und einem Grafen gedient. Im Jahre 1821 wurde ihm die Ober-Forst-Direktion von Kurhessen anvertraut. Seine in Fulda gegründete Forstlehranstalt war bereits 1810 verstaatlicht worden.
In der Buchonia muß Ernst Friedrich Hartig einen schlimmen Niedergang der Buchenbestände erleben. Sein Bruder Georg Ludwig hatte schon bei einer Studienreise im Jahre 1793 Unerfreuliches gesehen: So bald ich das angrenzende Fuldische berührte, fand ich Sandsteine und Sandboden - schlecht mit Birken bewachsen – wipfeltrockene3 Eichen mitunter und Heide in erstaunlicher Menge. Die birkenen Wurzelschläge, welche ich gesehen habe, sind außerordentlich licht – der Wuchs an den Eichen ist sehr elend; und Heide prädominiert. Horrende Strecken sind so bewachsen, und man löst dort beinahe mehr Geld aus der Heide, die zur Streu gehackt und zerlegt wird, als aus dem Holze.
Zwecks notdürftiger Befriedigung des dringlichen Brennholzbedarfs bei Erhaltung der Bestockung mit Buche hat Ernst Friedrich Hartig ein von seinem älteren Bruder empfohlenes aber kaum selbst angewendetes radikales Verfahren erprobt und ist damit gescheitert: Der „Hochwald-Konservationshieb“ war ein starker Einschlag in Buchenstangenhölzern mit der Hoffnung auf Bestandserneuerung aus restlichen 250 bis 900 Stangen je Hektar und aus Stockausschlag. Trocknis und unzureichende Ausschlagneigung waren die Folge. Die Erschöpfung der Bodenkraft durch übermäßige Streuentnahme mag wesentlich mitgewirkt haben. Man verspottete das Unternehmen als Hochwald-Konfusionshieb. Eine Bestandsneubegründung mit Nadelholz wurde unausweichlich.
In seinem 1825 erschienenen Lehrbuch über forstliche Planung beschreibt Hartig seine traurige Erfahrung so: Die Umwechslung der herrschenden Holzarten kann nur in Betreff derjenigen Bestände zweckmäßig seyn, wo der Boden durch übertriebene Streubenutzung in seiner Güte so sehr heruntergekommen, oder der Bestand so unvollkommen und verdorben ist, daß die vorhandene Holzart nicht mit Gewißheit und Vortheil reproduziert werden kann. Dieser Umstand trifft gewöhnlich die in jeder Hinsicht so nützlichen Buchenbestände auf dem älteren und jüngeren Sandstein und jüngeren Kalkgebirge am meisten4.
Originell und weitsichtig ist eine deutliche Abkehr Ernst Friedrich Hartigs von der Reinbestandswirtschaft. Er empfiehlt Mischungen aus Gründen der Qualität und der Stabilität. In jenem Lehrbuch heißt es hierzu unter anderem: Überhaupt lasse man sich von der Idee, nur reine Laub- und Nadelholzbestände zu erziehen, nicht beherrschen, denn sie schadet der Holzproduktion sehr, indem bei unvollkommenen Laubholzwaldungen, besonders in schlechten Standorts-Verhältnissen, eine Vermengung mit Nadelholz äußerst vorteilhaft ist. Sie wirkt durch ihre leichte und wohlfeile Kultur auf die schnelle Vervollkommnung der Bestände und vermehrt dadurch nicht nur unmittelbar das Produktionsvermögen der Wälder, sondern verbessert auch [...] die Produktionsfähigkeit des Bodens in kurzer Zeit und sichert überdies bei eintretendem Insektenschaden wenigstens einen Teil des Bestandes vor dem Verderben. Dabei ist wohl aus heutiger Sicht die Tendenz wichtiger, als die naturwissenschaftliche Stichhaltigkeit einzelner Begründungen.
Eine besonders eindrucksvolle Leistung dieses Buches ist der Entwurf eines sehr fortschrittlichen und effizienten Verfahrens zur Erfassung von Boden- und Klimaverhältnissen5. Die Grundgedanken moderner hessischer Standorterkundung sind ähnlich.
Weitgehend erhalten geblieben sind die Hartig’schen Fachwerkpläne für kurhessische Waldungen. Zwischen 1821 und 1834 hat er die Ersteinrichtung von mehr als 83.000 Hektar kurhessischer Staats- und Interessentenwaldungen selbst erarbeitet oder geleitet.
Im Jahre 1747 sehen wir v. Einsiedel als forstlichen Organisator des Reinhardswaldes. Er ist der prominenteste Forstmann in einer vierköpfigen Bereitungskommission, zu der auch der Kammerpräsident v. Borck gehört. Die Beteiligung des Präsidenten erklärt sich wohl aus der besonderen jagdlichen Bedeutung dieses Waldgebiets. Der Reinhardswald wird um besserer Aufsicht und Ordnung willen in acht Forste geteilt. Der Ordnung bedurfte auch die allzu weitgehende Nutzung als Viehweide. Landgraf Philipp der Großmütige hatte zwar einst einem über Wildschäden klagenden Bauern sinngemäß gesagt: Wenn er den Kühen der Bauern erlaube, in seinen Wald zu gehen, so müßten die Tiere des Landesherrn doch auch auf dem bäuerlichen Feld fressen dürfen2. Zur Plage wird beides. Nun wird die Waldweide durch ein Hute-Reglement begrenzt. Ludwig Christian v. Einsiedel unterschreibt auch am 4. Dezember 1747 eine Dienstanweisung für die acht Reitenden Förster im Reinhardswald und verpflichtet sie unter anderem uf die junge Gehege und Schläge fleißig acht zu haben, damit solche nicht durchhütet oder sonsten verderbt, auch keiner dem andern in seine abgeteilte Hute komme, sondern dem neuen Hudens Reglement so wohl von ihnen als auch von andern stricte nachgelebt werde. Ein weiterer von den nur fünf Punkten dieser Vorschrift gilt der Bestandsbegründung: Sollen sie sich die Fortführung der Eichell Garten und Zuschläge wie auch die Verpflanzung der jungen Buchen und Haynebuchen wohl angelegen sein lassen. Schließlich sollen sie in Summa alles tun, was ein treufleißiger Förster zu tun schuldig [...].
Wie v. Einsiedel wird Ernst Friedrich Hartig Chef des Hessen-Kassel’schen Forstwesens – ein Jahrhundert später. Praktisch ausgebildet wurde er von seinem kompetenten Vater und seinem später sehr berühmten ältesten Bruder Georg Ludwig. Studiert hat er in Göttingen und Marburg. Hier war er Schüler von Jung-Stilling. In den ersten sechs Berufsjahren hat Hartig vor allem mit gutachterlichen und planerischen Aufgaben zu tun. Fast 20 Jahre lang ist er in Fulda tätig unter zunächst Nassau-Oranischer, dann Französischer, dann Großherzoglich Frankfurter, schließlich Kurhessischer Herrschaft. In einer Autobiographie schreibt Hartig, er habe vom Jahre 1797 an, zweien Kaisern, einem Könige, zweien Kurfürsten, einem Großherzog, einem Landgrafen, einem Fürsten und einem Grafen gedient. Im Jahre 1821 wurde ihm die Ober-Forst-Direktion von Kurhessen anvertraut. Seine in Fulda gegründete Forstlehranstalt war bereits 1810 verstaatlicht worden.
In der Buchonia muß Ernst Friedrich Hartig einen schlimmen Niedergang der Buchenbestände erleben. Sein Bruder Georg Ludwig hatte schon bei einer Studienreise im Jahre 1793 Unerfreuliches gesehen: So bald ich das angrenzende Fuldische berührte, fand ich Sandsteine und Sandboden - schlecht mit Birken bewachsen – wipfeltrockene3 Eichen mitunter und Heide in erstaunlicher Menge. Die birkenen Wurzelschläge, welche ich gesehen habe, sind außerordentlich licht – der Wuchs an den Eichen ist sehr elend; und Heide prädominiert. Horrende Strecken sind so bewachsen, und man löst dort beinahe mehr Geld aus der Heide, die zur Streu gehackt und zerlegt wird, als aus dem Holze.
Zwecks notdürftiger Befriedigung des dringlichen Brennholzbedarfs bei Erhaltung der Bestockung mit Buche hat Ernst Friedrich Hartig ein von seinem älteren Bruder empfohlenes aber kaum selbst angewendetes radikales Verfahren erprobt und ist damit gescheitert: Der „Hochwald-Konservationshieb“ war ein starker Einschlag in Buchenstangenhölzern mit der Hoffnung auf Bestandserneuerung aus restlichen 250 bis 900 Stangen je Hektar und aus Stockausschlag. Trocknis und unzureichende Ausschlagneigung waren die Folge. Die Erschöpfung der Bodenkraft durch übermäßige Streuentnahme mag wesentlich mitgewirkt haben. Man verspottete das Unternehmen als Hochwald-Konfusionshieb. Eine Bestandsneubegründung mit Nadelholz wurde unausweichlich.
In seinem 1825 erschienenen Lehrbuch über forstliche Planung beschreibt Hartig seine traurige Erfahrung so: Die Umwechslung der herrschenden Holzarten kann nur in Betreff derjenigen Bestände zweckmäßig seyn, wo der Boden durch übertriebene Streubenutzung in seiner Güte so sehr heruntergekommen, oder der Bestand so unvollkommen und verdorben ist, daß die vorhandene Holzart nicht mit Gewißheit und Vortheil reproduziert werden kann. Dieser Umstand trifft gewöhnlich die in jeder Hinsicht so nützlichen Buchenbestände auf dem älteren und jüngeren Sandstein und jüngeren Kalkgebirge am meisten4.
Originell und weitsichtig ist eine deutliche Abkehr Ernst Friedrich Hartigs von der Reinbestandswirtschaft. Er empfiehlt Mischungen aus Gründen der Qualität und der Stabilität. In jenem Lehrbuch heißt es hierzu unter anderem: Überhaupt lasse man sich von der Idee, nur reine Laub- und Nadelholzbestände zu erziehen, nicht beherrschen, denn sie schadet der Holzproduktion sehr, indem bei unvollkommenen Laubholzwaldungen, besonders in schlechten Standorts-Verhältnissen, eine Vermengung mit Nadelholz äußerst vorteilhaft ist. Sie wirkt durch ihre leichte und wohlfeile Kultur auf die schnelle Vervollkommnung der Bestände und vermehrt dadurch nicht nur unmittelbar das Produktionsvermögen der Wälder, sondern verbessert auch [...] die Produktionsfähigkeit des Bodens in kurzer Zeit und sichert überdies bei eintretendem Insektenschaden wenigstens einen Teil des Bestandes vor dem Verderben. Dabei ist wohl aus heutiger Sicht die Tendenz wichtiger, als die naturwissenschaftliche Stichhaltigkeit einzelner Begründungen.
Eine besonders eindrucksvolle Leistung dieses Buches ist der Entwurf eines sehr fortschrittlichen und effizienten Verfahrens zur Erfassung von Boden- und Klimaverhältnissen5. Die Grundgedanken moderner hessischer Standorterkundung sind ähnlich.
Weitgehend erhalten geblieben sind die Hartig’schen Fachwerkpläne für kurhessische Waldungen. Zwischen 1821 und 1834 hat er die Ersteinrichtung von mehr als 83.000 Hektar kurhessischer Staats- und Interessentenwaldungen selbst erarbeitet oder geleitet.
Ausgehend von den Einsiedel’schen Inventuren ist es schließlich gelungen, eine Zeitreihe der Baumartenverteilungen aus den forstlichen Inventur- und Planungswerken zusammenzustellen, die man Forsteinrichtung nennt. Es handelt sich um 12 Inventuren in einer Zeitspanne von 250 Jahren1.Im Jahre 1747 sehen wir v. Einsiedel als forstlichen Organisator des Reinhardswaldes. Er ist der prominenteste Forstmann in einer vierköpfigen Bereitungskommission, zu der auch der Kammerpräsident v. Borck gehört. Die Beteiligung des Präsidenten erklärt sich wohl aus der besonderen jagdlichen Bedeutung dieses Waldgebiets. Der Reinhardswald wird in acht Forste geteilt. Der Ordnung bedurfte auch die allzu weitgehende Nutzung als Viehweide. Landgraf Philipp der Großmütige hatte zwar einst einem über Wildschäden klagenden Bauern sinngemäß gesagt: Wenn er den Kühen der Bauern erlaube, in seinen Wald zu gehen, so müßten die Tiere des Landesherrn doch auch auf dem bäuerlichen Feldfressen dürfen2. Zur Plage wird beides. Nun wird die Waldweide durch ein begrenzt. Ludwig Christian v. Einsiedel unterschreibt auch am 4. Dezember 1747 eine Dienstanweisung für die acht Reitenden Förster im Reinhardswald und verpflichtet sie unter anderem . Ein weiterer von den nur fünf Punkten dieser Vorschrift gilt der Bestandsbegründung: [...].Wie v. Einsiedel wird Ernst Friedrich Hartig Chef des Hessen-Kassel’schen Forstwesens – ein Jahrhundert später. Praktisch ausgebildet wurde er von seinem kompetenten Vater und seinem später sehr berühmten ältesten Bruder Georg Ludwig. Studiert hat er in Göttingen und Marburg. Hier war er Schüler von Jung-Stilling. In den ersten sechs Berufsjahren hat Hartig vor allem mit gutachterlichen und planerischen Aufgaben zu tun. Fast 20 Jahre lang ist er in Fulda tätig unter zunächst Nassau-Oranischer, dann Französischer, dann Großherzoglich Frankfurter, schließlich Kurhessischer Herrschaft. In einer Autobiographie schreibt Hartig, er habe Im Jahre 1821 wurde ihm die Ober-Forst-Direktion von Kurhessen anvertraut. Seine in Fulda gegründete Forstlehranstalt war bereits 1810 verstaatlicht worden.In der muß Ernst Friedrich Hartig einen schlimmen Niedergang der Buchenbestände erleben. Sein Bruder Georg Ludwig hatte schon bei einer Studienreise im Jahre 1793 Unerfreuliches gesehen: 3ze.Zwecks notdürftiger Befriedigung des dringlichen Brennholzbedarfs bei Erhaltung der Bestockung mit Buche hat Ernst Friedrich Hartig ein von seinem älteren Bruder empfohlenes aber kaum selbst angewendetes radikales Verfahren erprobt und ist damit gescheitert: Der „Hochwald-Konservationshieb“ war ein starker Einschlag in Buchenstangenhölzern mit der Hoffnung auf Bestandserneuerung aus restlichen 250 bis 900 Stangen je Hektar und aus Stockausschlag. Trocknis und unzureichende Ausschlagneigung waren die Folge. Die Erschöpfung der Bodenkraft durch übermäßige Streuentnahme mag wesentlich mitgewirkt haben. Man verspottete das Unternehmen als Eine Bestandsneubegründung mit Nadelholz wurde unausweichlich.In seinem 1825 erschienenen Lehrbuch über forstliche Planung beschreibt Hartig seine traurige Erfahrung so: 4.Originell und weitsichtig ist eine deutliche Abkehr Ernst Friedrich Hartigs von der Reinbestandswirtschaft. Er empfiehlt Mischungen aus Gründen der Qualität und der Stabilität. In jenem Lehrbuch heißt es hierzu unter anderem: [...]. Dabei ist wohl aus heutiger Sicht die Tendenz wichtiger, als die naturwissenschaftliche Stichhaltigkeit einzelner Begründungen.Eine besonders eindrucksvolle Leistung dieses Buches ist der Entwurf eines sehr fortschrittlichen und effizienten Verfahrens zur Erfassung von Boden- und Klimaverhältnissen5. Die Grundgedanken moderner hessischer Standorterkundung sind ähnlich.Weitgehend erhalten geblieben sind die Hartig’schen Fachwerkpläne für kurhessische Waldungen. Zwischen 1821 und 1834 hat er die Ersteinrichtung von mehr als 83.000 Hektar kurhessischer Staats- und Interessentenwaldungen selbst erarbeitet oder geleitet.
Anmerkungen:
- H. J. Weimann, Wald- und Forstgeschichte des Burgwaldes, in: Pilotprojekt Burgwald. Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung 30, 1996, S. 39-59, hier S. 48 ff.
- C. Alt, Philipp der Großmütige und sein Volk, in: Philipp der Großmütige. Festschrift des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen, Marburg 1904, S. 333.
- Im Original: polsoore.
- E. F. Hartig, Die Forstbetriebs-Einrichtung nach staatswirthschaftlichen Grundsätzen, Cassel 1825, § 39, S. 31.
- Ebd., S. 142 ff.
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