25. Die Verfassung - Programm und Wirklichkeit: 6.4. Gleichberechtigung der Frau
Der Wiederaufbau nach den Zerstörungen des 2. Weltkriegs wäre ohne die „Trümmerfrauen" undenkbar gewesen. Doch Frauen haben nicht nur in den Ruinenlandschaften der Städte Ziegelsteine „geklopft", oft genug haben sie das Unternehmen, das Geschäft oder den Bauernhof selbständig weitergeführt, weil der Ehemann im Krieg gefallen oder vermißt war.
Auch an politischen und sozialen Aktivitäten ließen sie es nicht fehlen. Zwar traten sie politischen Parteien nur zögernd bei; selbst in der SPD betrug der Anteil weiblicher Mitglieder im Jahr 1946 nur 7 %. Aber in fast allen großen Städten entstanden im Jahr 1945 spontan überparteiliche Frauenausschüsse. In ihnen organisierten sich Frauen, die aus der früheren Frauenbewegung vor 1933 kamen oder angesichts der herrschenden Not soziale Initiativen ergreifen wollten. Sie bekannten sich zu einer Politik des Friedens und setzten sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Eine hervorragende Rolle spielte der Frankfurter Frauenausschuß, der im Januar 1946 Frauen im ganzen Land aufforderte, es ihm nachzutun und Frauenausschüsse zu gründen. In acht Programmpunkten wurden die Ziele der Frauenbewegung zusammengefaßt: Mehr Frauen an führenden Stellen im Erziehungswesen wurden unter anderem gefordert und eine höhere Wertschätzung der Frauenarbeit, vor allem aber die „Gleichberechtigung der Frau", insbesondere das „gleiche Recht auf Arbeit und gleichen Lohn".
Die Gleichberechtigung der Frau in allen Lebensbereichen gehörte auch zu den besonderen Anliegen der Hessischen Verfassung. Die Kasseler Landtagsabgeordnete Elisabeth Seibert trat zunächst erfolgreich dafür ein, daß in die Verfassung die Bestimmung aufgenommen wurde: „Die Frau und der Jugendliche haben für gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung Anspruch auf gleichen Lohn" (Art. 33). Aber auch männliche Abgeordnete setzten sich darüber hinaus für die Gleichberechtigung der Frau auf allen Gebieten des Lebens ein. Daher wurde die im Entwurf des Vorbereitenden Verfassungsausschusses vorgesehene Formulierung: „Im öffentlichen Leben steht die Frau dem Manne gleich", abgelehnt. Dieser Satz erinnerte noch an die Weimarer Verfassung, die den Frauen die Gleichberechtigung nur als Staatsbürgerinnen zuerkannt hatte. Dies war zwar damals ein Fortschritt gewesen, weil Frauen damit das Wahlrecht erhielten, das ihnen vor 1918 im Kaiserreich versagt worden war, doch jetzt genügte dies den Abgeordneten nicht mehr. So hieß es nun in Artikel 1: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, der Herkunft, der religiösen und der politischen Überzeugung". Damit war die Hessische Verfassung Vorläufer jener folgenreichen Bestimmung des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt", womit endgültig der beschwerliche Weg weiblicher Emanzipation in der Bundesrepublik beginnen konnte.
Auch an politischen und sozialen Aktivitäten ließen sie es nicht fehlen. Zwar traten sie politischen Parteien nur zögernd bei; selbst in der SPD betrug der Anteil weiblicher Mitglieder im Jahr 1946 nur 7 %. Aber in fast allen großen Städten entstanden im Jahr 1945 spontan überparteiliche Frauenausschüsse. In ihnen organisierten sich Frauen, die aus der früheren Frauenbewegung vor 1933 kamen oder angesichts der herrschenden Not soziale Initiativen ergreifen wollten. Sie bekannten sich zu einer Politik des Friedens und setzten sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. Eine hervorragende Rolle spielte der Frankfurter Frauenausschuß, der im Januar 1946 Frauen im ganzen Land aufforderte, es ihm nachzutun und Frauenausschüsse zu gründen. In acht Programmpunkten wurden die Ziele der Frauenbewegung zusammengefaßt: Mehr Frauen an führenden Stellen im Erziehungswesen wurden unter anderem gefordert und eine höhere Wertschätzung der Frauenarbeit, vor allem aber die „Gleichberechtigung der Frau", insbesondere das „gleiche Recht auf Arbeit und gleichen Lohn".
Die Gleichberechtigung der Frau in allen Lebensbereichen gehörte auch zu den besonderen Anliegen der Hessischen Verfassung. Die Kasseler Landtagsabgeordnete Elisabeth Seibert trat zunächst erfolgreich dafür ein, daß in die Verfassung die Bestimmung aufgenommen wurde: „Die Frau und der Jugendliche haben für gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung Anspruch auf gleichen Lohn" (Art. 33). Aber auch männliche Abgeordnete setzten sich darüber hinaus für die Gleichberechtigung der Frau auf allen Gebieten des Lebens ein. Daher wurde die im Entwurf des Vorbereitenden Verfassungsausschusses vorgesehene Formulierung: „Im öffentlichen Leben steht die Frau dem Manne gleich", abgelehnt. Dieser Satz erinnerte noch an die Weimarer Verfassung, die den Frauen die Gleichberechtigung nur als Staatsbürgerinnen zuerkannt hatte. Dies war zwar damals ein Fortschritt gewesen, weil Frauen damit das Wahlrecht erhielten, das ihnen vor 1918 im Kaiserreich versagt worden war, doch jetzt genügte dies den Abgeordneten nicht mehr. So hieß es nun in Artikel 1: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich, ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, der Herkunft, der religiösen und der politischen Überzeugung". Damit war die Hessische Verfassung Vorläufer jener folgenreichen Bestimmung des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt", womit endgültig der beschwerliche Weg weiblicher Emanzipation in der Bundesrepublik beginnen konnte.
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