24. Die Verfassung - Programm und Wirklichkeit: 6.3. Mitbestimmung in den Betrieben
Daß im demokratischen Staat der Arbeitnehmer auch im Betrieb nicht bloß Untertan sein dürfe, gehörte zu den Forderungen der Nachkriegszeit, die weit über die Arbeiterparteien hinaus Resonanz fanden. Bereits die amerikanische Militärregierung hatte im August 1945 die Wahl von Arbeitnehmervertretungen gestattet, die im Interesse der Beegschaft Mißstände im Betrieb beheben sollten. Zwar durften sie - mit Rücksicht auf die katastrophale wirtschaftliche Situation - nicht über höhere Löhne verhandeln, doch sollten sie sich um die Entfernung von Nationalsozialisten aus dem Betrieb und um die Wiedereinstellung von Verfolgten des NS-Regimes kümmern.
Auf deutscher Seite forderten nicht nur die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften im Rahmen ihrer wirtschaftsdemokratischen Konzeption eine weitgehende Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Betrieb. Auch die „Frankfurter Leitsätze" der hessischen CDU vom September 1945 bezeichneten das Recht auf Mitbestimmung in den Betrieben als „selbstverständlichen Bestandteil einer modernen Wirtschaftsdemokratie". Ein Gedankenaustausch zwischen führenden katholischen Geistlichen und Unternehmern im Juni 1946 in Limburg kam ebenfalls zu dem Ergebnis, „daß der Arbeiterschaft Rechte gegenüber dem Betrieb einzuräumen seien, in denen ihre Funktion als
mittragender Faktor des Betriebes zum Ausdruck" käme; gedacht war hier konkret an Gewinnbeteiligung und Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Weitergehende Forderungen erhoben neben den Betriebsräten hessischer Fabriken vor allem SPD und Gewerkschaften. Ihr Engagement führte zu dem Artikel 37 Abs. 2 der Hessischen Verfassung: „Die Betriebsvertretungen sind dazu berufen, im Benehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Unternehmern in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen des Betriebes mitzubestimmen".
In diesem Sinne verabschiedete der Hessische Landtag im Jahr 1948 das erste Betriebsverfassungsgesetz in Deutschland, das weitgehend Vorbild für die spätere bundesrepublikanische Gesetzgebung wurde. Allerdings mißfiel der amerikanischen Militärregierung, daß die Betriebsräte auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens mitbestimmen sollten; sie sah darin eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit des Unternehmers. Daher suspendierte die Militärregierung die entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes. Zwar wurden die von den Amerikanern verfügten Einschränkungen mit der Wiedererlangung der deutschen Souveränität durch das Besatzungsstatut im Herbst 1949 gegenstandslos, doch auch die späteren Betriebsverfassungsgesetze der Bundesrepublik blieben hinsichtlich der gleichberechtigten Mitbestimmung der Betriebsräte in wirtschaftlichen Angelegenheiten hinter dem hessischen Betriebsverfassungsgesetz von 1948 zurück.
Auf deutscher Seite forderten nicht nur die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften im Rahmen ihrer wirtschaftsdemokratischen Konzeption eine weitgehende Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Betrieb. Auch die „Frankfurter Leitsätze" der hessischen CDU vom September 1945 bezeichneten das Recht auf Mitbestimmung in den Betrieben als „selbstverständlichen Bestandteil einer modernen Wirtschaftsdemokratie". Ein Gedankenaustausch zwischen führenden katholischen Geistlichen und Unternehmern im Juni 1946 in Limburg kam ebenfalls zu dem Ergebnis, „daß der Arbeiterschaft Rechte gegenüber dem Betrieb einzuräumen seien, in denen ihre Funktion als
mittragender Faktor des Betriebes zum Ausdruck" käme; gedacht war hier konkret an Gewinnbeteiligung und Mitgliedschaft im Aufsichtsrat. Weitergehende Forderungen erhoben neben den Betriebsräten hessischer Fabriken vor allem SPD und Gewerkschaften. Ihr Engagement führte zu dem Artikel 37 Abs. 2 der Hessischen Verfassung: „Die Betriebsvertretungen sind dazu berufen, im Benehmen mit den Gewerkschaften gleichberechtigt mit den Unternehmern in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Fragen des Betriebes mitzubestimmen".
In diesem Sinne verabschiedete der Hessische Landtag im Jahr 1948 das erste Betriebsverfassungsgesetz in Deutschland, das weitgehend Vorbild für die spätere bundesrepublikanische Gesetzgebung wurde. Allerdings mißfiel der amerikanischen Militärregierung, daß die Betriebsräte auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens mitbestimmen sollten; sie sah darin eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit des Unternehmers. Daher suspendierte die Militärregierung die entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes. Zwar wurden die von den Amerikanern verfügten Einschränkungen mit der Wiedererlangung der deutschen Souveränität durch das Besatzungsstatut im Herbst 1949 gegenstandslos, doch auch die späteren Betriebsverfassungsgesetze der Bundesrepublik blieben hinsichtlich der gleichberechtigten Mitbestimmung der Betriebsräte in wirtschaftlichen Angelegenheiten hinter dem hessischen Betriebsverfassungsgesetz von 1948 zurück.
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