2. Des Kaisers "Kammerknechte": Vom Judenprivileg Friedrich II. bis zum Ausgang des Mittelalters
Jüdische Existenz im Mittelalter: Pogrome und Privilegien (II)
Innozenz III., Papst von 1198 bis 1216, tat, was ihm möglich war, um das Leben der Juden zu erschweren. Er verbot den Christen den Geldhandel, da das Erheben von Zinsen in der Bibel kritisiert wird, und schob die Schuld an hohen Wuchern (die neutrale mittelalterliche Bezeichnung für Zinsen) auf die Geldgier der Juden. Diese schloss er durch seine weiteren Bestimmungen immer mehr vom gesellschaftlichen Leben aus. Sie mussten ein gelbes Stoffstück an der Kleidung tragen, das sie kennzeichnete. Ferner war es ihnen nicht mehr erlaubt, öffentliche Ämter anzunehmen. Er erneuerte die Bestimmung, dass sie einen spitzen Hut tragen sollten, was schon vorher wenig Beachtung gefunden hatte. Einige reiche Juden trugen diesen Hut als Zeichen ihrer privilegierten Stellung. Da die Zunftordnungen das Kirchenrecht zur Grundlage hatten, blieb den Juden bald nur noch die Geld- und Pfandleihe und in Einzelfällen die Medizin als legitime Einnahmequelle. Dieser Ausschluss trennte sie zusätzlich zu ihrer religiösen Praxis vom christlichen Alltagsleben.
Friedrich II. nahm schließlich alle Juden des Reichen als servi camarae („Kammerknechte“) unter seinen Schutz, sie wurden aber gleichzeitig seine Leibeigenen. Das Recht von ihnen Steuern zu verlangen konnte der Herrscher auch an andere verleihen oder verkaufen. Meist waren die Steuern, die sie an ihre Regenten zahlen mussten, so hoch, dass sie besonders hohe Zinsen verlangen mussten, die wiederum vom Herrscher genehmigt wurden. Die vom Papst geschürte Wut über den "Wucher" wurde in der Bevölkerung deutlich spürbar. 1250 erlitt die jüdische Gemeinde in Frankfurt eine blutige Verfolgung, die viele Opfer forderte. Nachdem Friedrich II. bereits 1236 die Ritualmord-Beschuldigungen nach einer Prüfung für unwahr erklärt hatte, lebten sie Ende des 13. Jahrhunderts wieder auf. Eine weitere auf unsinnigen Vorwürfen gründende Verfolgung fand 1349 statt, als einige Christen den Juden die Schuld an der großen Pestwelle gaben, die von 1347-52 ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahinraffte. Man behauptete, sie hätten die Brunnen vergiftet. Im Zuge dieser Verfolgungen flohen einige Juden in östlichere Teile Europas.
Im 15. Jahrhundert waren die meisten Gemeinden vollends zugrunde gerichtet worden. Es sollte lange Zeit dauern, bis sie sich wieder von der Willkür erholten. Vor allem auf dem Land hatten jüdische Bürger überlebt. Diese waren meist verarmt und deshalb vermutlich auch nicht dem Neid der Bevölkerung zum Opfer gefallen. Da sie von den meisten Berufszweigen ausgeschlossen waren, blieb vielen, die kein Geld mehr hatten, das sie hätten verleihen können, nichts anderes übrig, als mit Vagabunden und Bettlern ihr Dasein zu fristen.
Teresa Traupe
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