1. I. Ausgrenzung und Verfolgung 1933-1937/38
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 begann die systematische Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Der eliminatorische Antisemitismus gehörte zum Wesenskern des NS-Regimes und ihm kam in der Umwandlung der bürgerlichen Zivilgesellschaft in die rassenideologisch definierte Volksgemeinschaft eine Schlüsselbedeutung zu. Wichtige Stationen der staatlich sanktionierten Ausgrenzung der Juden bis 1938 waren:
- der sog. „Judenboykott“ vom 1. April 1933,
- die Ausschaltung der Juden aus dem Berufsbeamtentum am 7. April 1933,
- die Einrichtung einer „zentralen Judenkartei“ zur Erfassung und Überwachung der reichsweiten jüdischen Organisationen 1935,
- die Nürnberger Gesetze von 1935, die die rechtliche Grundlage für die Ausschließung der Juden aus dem deutschen Staatsbürgerrecht bildeten und die zugleich schon den Personenkreis definierten, der später den Deportationen in die Vernichtungslager 1941/42 unterworfen war,
- Kennkartenzwang für jüdische Bürger und Stempelung der Pässe mit einem roten „J“ sowie Einführung von Zwangsvornamen „Sara“ und „Israel“ 1938.
Parallel dazu übten örtliche NSDAP-, SA- und HJ-Trupps einen „kontrollierten“ Terror gegen ihre jüdischen Mitbürger aus. Diese Schlägertrupps konnten sich der heimlichen oder offenen Komplizenschaft breiterer Bevölkerungskreise sicher sein und sie hatten keine staatliche Strafverfolgung zu befürchten – gleichwohl waren sie in ihren Aktionen durchaus mitgesteuert vom NS-Machtapparat. Gerade im nordhessischen Raum finden wir auf lokaler Ebene zahlreiche Beispiele dafür:
In Kassel setzte unmittelbar nach Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 24./25. März 1933 ein brutaler SA-Terror gegen politische Gegner sowie führende jüdische Persönlichkeiten der Stadt ein. Die dabei erlittenen Verletzungen führten im Falle von Dr. Max Plaut sogar zum Tode. Das Beispiel Sterbfritz zeigt die systematische Terrorisierung der jüdischen Bevölkerung auf dem Lande. Auch Synagogen wurden wie in Felsberg (1934) bereits zum Ziel nationalsozialistischer Aktivisten. Ein Fall von sog. „Rassenschande“ mit mittelalterlich anmutender Zurschaustellung des „Täters“ ist für Marburg (1933) dokumentiert.
Zusatzmaterial zu KAPITEL I in den Abschnitten ...
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