80. 274 Marburg 125 Bd 1 Synagogenbrandstiftung 1938, Hauptakte Teil 1
Die Akte "StAM 274 Marburg, Bd. 1 - Synagogenbrandstiftung 1938, Hauptake Teil 1" beschäftigt sich hauptsächlich mit der Brandstiftung an der Marburger Synagoge in der Universtitätsstraße im Zuge der Reichspogromnacht vom 09./10 November 1938. Schon kurz nach dem Brand der Synagoge ermittelte die Polizei gegen die Täter. Die Ermittlungen endeteten jedoch mit dem Vermerk des Marburger Oberstaatsanwaltes Lautz am 11. Januar 1940: "Einstellung. Täter nicht ermittelt." Auf dem gleichen Dokument folgt dann der handschriftliche Vermerk des neuen Oberstaatsanwaltes Hadding vom 14. Dezember 1945, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.
Der Hauptverdächtige ist hierbei Hans Steih. Steih war zum Zeitpunkt der Brandstiftung Sturmführer der SA und gilt dem Gericht als die zentrale Figur des Verbrechens. In zahlreichen Aussagen gibt er immer wieder zu Protokoll, dass er an der Brandlegung nicht beteiligt gewesen sei. Er räumt jedoch ein, dass er den Befehl zur Brandstiftung von Standartenführer Stollberg erhalten habe und sich dieser Anweisung nicht habe widersetzen können. So sei er an der Organisation beteiligt gewesen, nicht aber an der direkten Durchführung. Im Zuge des Verfahrens werden die Voruntersuchungen ausgeweitet: Neben dem Hauptverdächtigen Steih werden nun auch Paul Piskator, Friedrich Groos, Heinrich Völker und Otto Spengler angeklagt. Auch in der Öffentlichkeit besteht ein Interesse an der Aufklärung des Synagogenbrandes, wie ein Leserbrief Ende September 1946 und die entsprechende Reaktion der Oberstaatsanwaltschaft zeigen.
Die Oberstaatsanwaltschaft rekapituliert die Geschehnisse vom 08. bis zum 10. November 1938 bezüglich der Täterschaft Hans Steihs und anderer. Die Angeklagten Steih, Völker, Groos, Piskator und Spengler hätten sich des schweren Hausfriedensbruchs, des Landfriedensbruchs und der Brandstiftung, begangen in Idealkonkurrenz, schuldig gemacht. Die Akte dokumentiert die komplette Hauptverhandlung: von den Voruntersuchungen, den Zeugenaussagen, der Anklageschrift, dem Urteil, bis hin zu den Revisionsanträgen seitens der Rechtsanwäte der Angeklagten und auch seitens der Oberstaatsanwaltschaft. Hans Steih erhält als Strafe 3 Jahre Zuchthaus. Friedrich Gross wird zu einem Jahr und 6 Monaten und Paul Piskator zu 1 Jahr verurteilt. Heinrich Völker und Otto Spengler werden freigesprochen.
Im weiteren Verlauf finden Ermittlungen gegen Kurt Stollberg statt und 1950 wird ein Verfahren gegen ihn aufgenommen.
Bearbeitet von Jan Klingelhöfer, Marcel Reck und Christian Siekmann
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