
„Weil das Holz eine köstliche Ware...“ - Wald und Forst zwischen Mittelalter und Moderne
Hg. von Andreas Hedwig
„Weil das Holz eine köstliche Ware ...“, so lautete der Titel der Ausstellung zur Geschichte des Forstwesens und der Waldnutzung in Nordhessen, die im Staatsarchiv Marburg vom 11. Mai bis zum 9. September 2005 zu sehen war. Bereits bei der Vorbereitung der Ausstellung zeichnete sich rasch ab, dass das Interesse am Thema groß sein würde. Hintergrund hierfür war weniger die vermutete „latente“ Liebe zum „deutschen Wald“ als vielmehr die einschneidenden strukturellen Veränderungen der Forstverwaltung des Landes Hessen.
Bis zum Jahr 2000 gab es in Hessen ein Netz von staatlichen Forstämtern, die für alle forstlichen Belange vor Ort zuständig waren. Dieses landesweit ausgespannte Netz wurde in verschiedenen Reformschritten aus Rationalisierungsgründen von 1945 bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ausgedünnt von 180 auf 85 Ämter. Einen echten Paradigmenwechsel markierte aber erst die Gründung des Landesbetriebs Hessen-Forst durch das Land Hessen zum 1. Januar 2001. Der von nun an strikt betriebswirtschaftlich geführte Landesbetrieb beschleunigte den Schrumpfungsprozess der Forstverwaltung noch einmal deutlich in zuvor kaum erahnbarer Weise: Die Forst-Strukturreform brachte zum 1. Januar 2005 eine weitere Halbierung der Anzahl von Forstämtern auf nun 41 Ämter und einen weiteren Stellenabbau von 34% der Beschäftigten.
Dies sind Veränderungen, die im waldreichsten Flächenland der Bundesrepublik und zumal im überaus waldreichen, wirtschaftlich im Vergleich zur Region Rhein-Main eher strukturschwachen Nordhessen die Menschen beschäftigten und bis heute beschäftigen. Es erstaunte daher nicht, dass der Ausstellung im Staatsarchiv Marburg eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ja diese konnte gar noch gesteigert werden durch den Besuch des für die hessischen Wälder zuständigen Ministers für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz Wilhelm Dietzel, der am 11. Mai nach Marburg kam, um die Ausstellung zu eröffnen.
Das hessische Staatsarchiv Marburg und der Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde Marburg e.V. nutzten diese Aufmerksamkeit, um das Thema Wald- und Forstgeschichte in einem wissenschaftlichen Kolloquium zu vertiefen und luden am 6. Juli 2005 ein in das Staatsarchiv Marburg zu einer Tagung mit dem Titel „Wald und Forst zwischen Mittelalter und Moderne“, die ebenfalls guten öffentlichen Anklang fand.
Das Thema Wald- bzw. Forstgeschichte aus Sicht der Archive aufzugreifen, liegt vergleichsweise nahe. Die Archive bekommen Reformen in der Verwaltung immer deutlich zu spüren, denn sie werden in der Folge häufig konfrontiert mit einer mächtigen Flutwelle von schriftlichen Unterlagen. Diese werden in den Dienststellen so nicht mehr benötigt und nun - da nicht selten ganze Dienststellen aufgelöst oder umgelegt werden - zur Archivierung angeboten. Die Forstämter nehmen insofern eine besondere Rolle ein, als es sich hier in aller Regel um Verwaltungsstellen mit langer Tradition und einem stabilen, dabei weit gefächerten Zuständigkeitskanon handelt. Die Unterlagen der Forstämter bieten daher für viele historische Fragestellungen wertvolle Quellen, von der Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis hin zur allgemeinen Territorial- oder Landesgeschichte.
Forstgeschichte lässt sich ferner im Archivgut aller Verwaltungsstufen erforschen, zu allen archivisch dokumentierten Zeiten: von der obersten Herrschafts- oder Verwaltungsebene bis zum Förster oder Forstamt vor Ort. Nicht nur der Besitz an Wäldern, sondern die Regelung des Forstwesens und der Waldnutzung insgesamt oblag stets den Grund- bzw. Landesherren und schließlich dem Staat. Forst- und Waldgeschichte spiegelt sich somit besonders gut in den Archivbeständen der staatlichen Archive, die in weit überwiegendem Maße Unterlagen aus herrschaftlicher, später staatlicher Verwaltung verwahren und der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Der vorliegende Band präsentiert als Einleitung in das Thema die hierfür gut geeigneten Grußworte von Herrn Staatsminister Dietzel, die er anlässlich der Ausstellungseröffnung vortrug. Es folgen die Beiträge zu dem forst- und waldgeschichtlichen Kolloquium, die sich im wesentlichen in eine chronologische Folge bis in die Gegenwart einpassen. Der damals abschließende Abendvortrag von Joachim Radkau, Bielefeld, lotet schlaglichtartig und in starken Farben den weiten Horizont der Waldnutzung und der damit verbundenen Konfliktfelder im Laufe der Geschichte und unter Bezugnahme auf einige einschlägige Archivalien aus dem Marburger Staatsarchiv aus.
Den Band beschließt die Dokumentation der Ausstellung, die seiner Zeit Karl Murk besorgt hat. Sie zeigt nicht nur einige repräsentative Stücke, sondern gibt vor allem einen guten Einblick in die Bandbreite der Archivalien, die das Staatsarchiv Marburg zum Thema für die Forschung bereithält. So betrachtet, das versteht sich von selbst, steht das Marburger Archiv nur als Beispiel für andere Staats- oder Landesarchive in der Bundesrepublik.
Zu danken ist an dieser Stelle den Förderern und Mitwirkenden, ohne deren Hilfe weder die Ausstellung noch dieser Tagungsband zustande gekommen wäre. Dazu zählen selbstverständlich zuvorderst Herr Staatsminister Wilhelm Dietzel und Herr Prof. Dr. Gerhard Menk als Vorsitzender des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde Marburg e. V., mit dem zusammen die Drucklegung realisiert werden konnte. Stellvertretend für die zahlreichen Helferinnen und Helfer aus dem Mitarbeiterkreis des Staatsarchivs danke ich last but not least meinem Kollegen Karl Murk für die stets zuverlässige und auch hier wieder tragende Unterstützung.
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