20. England und Schottland, Dänemark und Skandinavien
Tafel 20: Reformation in England und Schottland, Dänemark und Skandinavien
Die reformatorischen Lehren erreichen zu Beginn der 1520er Jahre auch England - maßgeblich gefördert durch William Tyndale und Robert Barnes, die beide in Wittenberg (1524/1528) zu überzeugten Anhängern Luthers geworden sind. Während sich König Heinrich VIII. (1509-1547) zunächst als entschiedener Verteidiger des katholischen Glaubens zeigt, vollzieht er 1531/34 den Bruch mit Rom, als Papst Leo X. die Annullierung seiner Ehe mit Katharina von Aragon verweigert. Mittels der Suprematsakte von 1534 macht sich Heinrich zum alleinigen Oberhaupt der Kirche von England, der Anglicana Ecclesia, die zunächst eng am römisch-katholischen Vorbild orientiert bleibt.
In seiner Scheidungssache hat Heinrich VIII. zuvor auch den hessischen Landgrafen Philipp eingeschaltet, der wiederum auf Luther einzuwirken versucht, um ein zustimmendes theologisches Gutachten aus Wittenberg zu bekommen. Der Versuch Philipps, Heinrich VIII. für den Schmalkaldischen Bund zu gewinnen, bleibt indes erfolglos. Erst unter Heinrichs Nachfolger Eduard VI. (1547-1553) wird die innere Kirchenreform weiter ausgestaltet ("Book of Common Prayer" 1549/52). Dabei gewinnt die Züricher reformierte Richtung bestimmenden Einfluss - nicht zuletzt durch Martin Bucer, der seit 1549 im englischen Exil in Cambridge wirkt, oder Johannes a Lasco. Unter Königin Elisabeth I. (1558-1603) wird die anglikanische Staatskirche - nach dem gescheiterten Rekatholisierungsversuch unter Maria I. Tudor (1553-1558) - schließlich endgültig etabliert.
Ähnlich wie in England ist die evangelische Bewegung in Schottland zunächst durch die Lehren Luthers geprägt. Patrick Hamilton (1504-1528) aus St. Andrews wird zum ersten Märtyrer Schottlands, nachdem er 1527 an der neu gegründeten Universität Marburg bei Franz Lambert von Avignon studiert hatte. Hamiltons Marburger Disputationsthesen werden posthum in seinem Werk Patrick’s Places verbreitet, ein Buch, das zum "Bestseller" und wichtigsten Multiplikator der reformatorischen Ideen in Schottland wird. Wegen lutherischer Häresien wird Hamilton 1528 zum Tode verurteilt und in St. Andrews auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Wie in England wird das Luthertum auch in Schottland seit den 1540er Jahren zunehmend verdrängt. Bedeutendster Akteur der schottisch-calvinistischen Reformation ist John Knox (1514-1572, maßgeblicher Mitverfasser der Confessio Scotica (1560), die zur Grundlage der schottisch-reformierten Kirche wird.
Schon früh kann sich die evangelische Lehre in Skandinavien - ausgehend von den norddeutschen und baltischen Handelsstädten - ausbreiten. Gleichwohl ist es wie in England eine Reformation "von oben": Während in Schweden der Bruch mit Rom bereits 1527 durch die Ernennung König Gustavs I. Wasa zum Oberhaupt der Schwedischen Kirche eingeleitet wird, erfolgt die Einführung der Reformation in Dänemark und Norwegen erst eine Dekade später unter König Christian III. (1503-1559). 1533 wendet sich Christian ratsuchend an den hessischen Landgrafen Philipp, der in seiner Antwort das hessische Reformationsprogramm als beispielhaftes Modell vorstellt und vor allem dazu rät, bei der Auflösung der geistlichen Güter einvernehmlich mit dem Adel und den Ständen vorzugehen. Nicht zuletzt mit Unterstützung des Landgrafen kann sich Christian III. schließlich im Kampf um die dänische Thronfolge durchsetzen und 1536/37 die evangelische Staatskirche in Dänemark begründen. Auf Grundlage der von Johannes Bugenhagen erarbeiteten Ordinatio Ecclesiastica wird die Reformation 1537 in den Königreichen Dänemark und Norwegen und in den Herzogtümern Schleswig undHolstein durchgeführt.
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