17. Philipp von Hessen und Europa
Tafel 17: Philipp von Hessen und EUROPA
Landgraf Philipp von Hessen ist einer der zentralen "European Player" im Reformationszeitalter: Wie kein anderer sucht Philipp die Spaltung der europäischen Reformationsbewegung zu überwinden und die dogmatischen Gegensätze zwischen Lutheranern und Reformierten auszugleichen. Es ist der Weg der Mittelstraß im Sakramentenstreit und eine pragmatische Vorgehensweise, die Philipp seinen protestantischen Mitstreitern Albrecht von Preußen oder Christian III. von Dänemark als erfolgversprechendes Reformationsmodell anempfiehlt. Auch widerstreitenden Glaubensauffassungen im eigenen Territorium, selbst mit Blick auf die "Wiedertäufer", will Philipp lieber auf dem Wege der Überzeugung als durch obrigkeitlichen Zwang begegnen. Es ist auch unser Wille und unsere Meinung, dass niemand am Leben aus keinerlei Gründen, die den Glauben betreffen, gestraft werden soll - es sei denn, dass einer Aufruhr oder Blutvergießen erwecke, so Philipp in seinem Testament von 1536. Vorrangige theologische Ansprechpartner des hessischen Landgrafen sind in Wittenberg eher Melanchthon als Luther - und im europäischen Raum zuerst Lambert von Avignon, dann Martin Bucer aus Straßburg, die Züricher Reformatoren Zwingli und Heinrich Bullinger sowie der aus Polen stammende Johannes a Lasco. Für die Zwinglianer ist Philipp der wichtigste Mittler zur Augsburger Konfessionspartei.
Die Mittellage der Landgrafschaft Hessen zwischen den lutherischen Kernländern in Sachsen und den reformiert geprägten oberdeutschen und helvetischen Gebieten ist ein machtstrategischer Faktor, der Philipps Streben nach einer Einheit im Bekenntnis -zur Flankierung seiner weitgespannten europäischen Bündnispolitik - beflügelt haben wird. Außenpolitisch agiert Philipp im Netzwerk seiner Korrespondenzen und Begegnungen mit den wichtigsten europäischen Herrschern seiner Zeit: Dazu gehören - neben Kaiser Karl V., König Ferdinand I. und Philipp II. von Spanien - die französischen Könige Franz I., Karl IX., Heinrich II. sowie Katharina von Medici; Heinrich VIII., Edward VI. und Elisabeth I. von England; Christian III. von Dänemark sowie Johann Zapolya von Ungarn u.a.. Unmittelbarer Kontakt besteht auch zu Coligny und Condé, den Führern der Hugenottischen Opposition in Frankreich, denen Philipp ab 1562 erhebliche finanzielle und publizistische Unterstützung zukommen lässt.
Die Außen- und Bündnispolitik des Landgrafen ist anfangs eindeutig antihabsburgisch ausgerichtet, lockert sich Mitte der 1530er Jahre aber auf und führt 1540/41 bei den Regensburger Religionsgesprächen zu einem Zusammengehen mit Karl V. In seinem "Europa-Plan" von 1542 geht Philipp noch weiter und entwickelt ein weit über seine Zeit hinausweisendes europäisches Friedenskonzept: Sein visionärer Friedensplan basiert auf drei Eckpunkten:
- Weitgehende Auflösung des italienischen Kirchenstaates und Zurückstufung des Papstes auf seinen ursprünglichen Status als Bischof von Rom bei Angliederung der Romagna an den Kaiserlichen Besitz in Italien;
- Herstellung eines europäischen Gleichgewichts auf Grundlage eines dauerhaften Ausgleichs mit Habsburg und Frankreich, dem Mailand und Piemont zugesprochen wird;
- Glaubensvergleich zwischen Katholiken und Protestanten durch ein umgehend einzuberufendes Konzils - bei Aufhebung des Wormser Edikts (1521) und des Augsburger Abschieds (1530).
Nur unter diesen Voraussetzungen, das heißt der Aufhebung der weltlichen Macht des Papstes, der Einheit im Glauben und dem Ausgleich zwischen Frankreich und dem Kaiser, sei es möglich, erfolgreich gegen die osmanische Expansion zu bestehen und einen wahrhaften Frieden in Europa zu erreichen. Philipps europäischer Friedensplan bleibt Utopie.
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