27. 180 Frankenberg 1947, 3559, 3954, 4007, 4062
Dieser Austellungraum beinhaltet Akten aus den Beständen 180 Frankenberg 3954, 1947, 4062, 4007 und 3559. Die Dokumente werden nach Beständen und Seitenzahl geordnet aufgeführt.
Die Akte 180 Frankenberg 3954 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg. Das ausgewählte Dokument bezieht sich auf die Einschränkung der Archivbenutzung durch Juden [Dokument 1]. Die Nutzung zu "familiengeschichtlichen Zwecken" wird weiter gestattet, wenn auch stark eingeschränkt durch das Verbot, andere als unbedingt notwendige Akten an jüdische Archivbenutzer auszuhändigen. Interessant ist diese Erlaubnis vor dem Hintergrund der 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze, welche "Ariernachweise" für jüdischstämmige Personen vorsah.
Die Akte 180 Frankenberg 1947 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg von 1942 bis 1944. Inhalt dieser Akte ist die Enteignung von Pelzen aus jüdischem Besitz. Im Vorfeld der im August durchgeführten Deportationen der jüdischen Bürger aus dem Raum des Regierungsbezirks Kassel sollten "jüdische Sachwerte" wie Pelze enteignet werden. Für diese gab es zu diesem Zeitpunkt einen akuten Verwendungszweck: die mangelhaft mit Winterkleidung ausgerüsteten Soldaten an der Ostfront. Die Enteignung wurde systematisch durch bürokratische Instanzen vorangetrieben [Dokument 1]. Nach einer statistischen Erfassung wurden die Pelze gesammelt und weiter verwendet [Dokument 2] . Bei diesen Aktionen halfen auch jüdische Vertrauenspersonen bei der Erfassung und Sammlung auf einer lokalen Ebene. [Dokument 3] . Diese Repression ist in den Gesamtkontext der bürokratischen Verfolgung einzuordnen, deren Ziel die "Verwertung" jeder jüdischen Existenz und des gesamten Eigentums war.
Die Akte 180 Frankenberg 4062 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts in Frankenberg. Inhalt dieser Akte ist das Verbot für Juden, öffentliche Hotels und Bäder zu benutzen. Dieser sogenannte "Judenbann" galt nicht für jede Gaststätte, sondern nur für repräsentative, von den "Parteigenossen" frequentierte Einrichtungen. Es wurde in einem Rundschreiben des Landesfremdenverkehrverbands Kurhessen in Kassel an den Kreisausschuß in Frankenberg vom 22. März 1939 festgelegt [Dokument 1] .
Die Akte 180 Frankenberg 4007 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz des Landratamts. Inhalt dieser Akt ist der repressive Umgang mit jüdischen Schülern nach den Novemberpogromen. Obwohl die jüdischen Kinder schon vor 1938 gerade in der Schule öffentlicher Anfeindung und Diskriminierung ausgesetzt waren, setzt hier eine neue Qualität der Verfolgung ein. Nach den Erlassen vom 1. Dezember 1938 sollte nicht nur getrennt unterrichtet werden, sondern durch aus den Schulen entfernt werden [Dokument 1] . Der Erziehungsminister handelt ambivalent - auf der einen Seite plant er neue jüdische Schulen und möchte "die schulpflichtigen Juden [...] nicht ganz ohne Unterricht lassen", auf der anderen streicht er am 17 Dezember 1938 die staatliche Unterstützung für jüdische Privatschulen und Lehrer [Dokument 2] . Auf einer lokalen Ebene zeigen sich die Auswirkungen dieser repressiven Entschlüsse - durch die Deportation ihres Privatlehrers Amsterdam können jüdische Schüler nicht mehr unterrichtet werden, der Unterricht fällt ersatzlos aus [Dokument 3] .
Die Akte 180 Frankenberg 3559 beinhaltet Dokumente aus der Korrespondenz der Landrats in Frankenberg von 1935 bis 1937. Der thematische Schwerpunkt dieser Akte ist die Beschäftigung weiblicher Hausangestellen in jüdischen Haushalten. Nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 wurden solche Arbeitsverhältnisse aus ideologischen Gründen reguliert und sanktioniert. Wie aus den Dokumenten sichtbar wirkten gleichgeschaltete Instanzen der Obrigkeit mit Instanzen der NSDAP zusammen, um Verbote durchzusetzen. Am 5. Dezember 1935 erfolgte ein Verbot durch den Reichs- und Preußischen Minister des Innern, weitergeleitet durch den Regierungspräsidenten in Kassel, zur Durchsetzung der neuen Gesetze [Dokument 1] . Dieses Verbot beschränkte sich aufgrund des rassischen Charakters der ihm zugrundeliegenden Nürnberger Rassegesetze nicht nur auf deutsche Staatsangehörige, sondern auf alle sogenannten "Deutschblütigen". Weitere Ausnahmen waren Sondernfälle, "Mischlinge", deren Behandlung und Status für lokale Instanzen wie Gendarmerie noch im Januar 1937 teilweise unklar war [Dokument 4].
Bearbeitet von Jan Hendrik Höltje
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