12. e.) Gleichzeitige revolutionäre Bewegungen in und außerhalb Deutschlands (§ 12)
Gleichzeitig mit dem Aufruhre zu Frankfurt rückte ein Haufen von ungefähr sechzig bewaffneten Landleuten aus Bonames und einigen anderen benachbarten Dorfschaften unter der Anführung des RechtsCandidaten Friedr. Breidenstein aus Homburg vor der Höhe /§.8./ des Müllers Wilhelm Schrimpf und des Oekonomen Georg Neuhof (: eines Bruders des oben erwähnten Advokaten :) aus Bonamus in militärischer Ordnung unter Trommelschlag und Vortragung einer Fahne in den kurhessischen Grenzort Preungesheim, verjagte den dortigen Zolleinnehmer, vernichtete die Zoll – Papiere und zog sodann über die Friedberger Warte gegen die Stadt, machte jedoch untere derselben Halt und kehrte, nachdem die Anführer das Mislingen ihres Unternehmens ihrer Genossen in Frankfurt erfahren hatten, nach Bonamus zurück, von wo die Tumultuanten sich zerstreuten. An demselben Abende überbrachte ein von Frankfurt gesendeter Handlungsdiener dem Oberlieutnant Koseritz in Ludwigsburg einen von Gärth’s Hand geschriebenen Zettel, des Inhalts: Lieber Koseritz! Wort gehalten! Losgeschlagen unter jeder Bedingung, und benachrichtigte ihn zugleich, daß in diesem Augenblicke der Aufruhr in Frankfurt begonnen werde. Schon einige Tage früher war bei Koseritz ein polnischer Offizier, Namens Poninsky oder Posensky eingetroffen und hatte ihm eröffnet, daß auf unmittelbaren Befehl Lelewels in Paris zwanzig polnische Offiziere in Rorschach und Rheinek am Bodensee angekom[m]en seien, um, sobald sie von Deutschland hinzu Ordre erhalten, sich in den Schwarzwald zu werfen, und denselben zu revolutioniren. /Verg. §.8./ Auch hatten Koseritz und Torn aus Besançon und Avignon mit chemischer Tinte geschriebene Briefe erhalten, welche ihm meldeten, dass die dortigen Polen – Depots demnächst aufbrechen und den deutschen Revolutionären zu Hülfe eilen würden, was dann auch einige Tage später wirklich geschah, indem am 7. April 1833 ungefähr 400 vormals polnische Offiziere aus dem Depots zu Besançon, Dijon und Salins in die Schweiz einrückten, um, wie sie unverholen erklärten, in das Großherzogthum Baden einzufallen, und den deutschen Revolutionären Beistand zu leisten, wovon sie jedoch durch die sofort getroffenen militärischen Maaßregeln abgehalten wurden. In Folge jener Nachrichten versam[m]elte Koseritz am Charfreitage, den 5. April 1833 heimlich in der Nähe von Ludwigsburg einen Theil der meutererschen Unteroffiziere /§.7./, und versicherte sich wiederholt ihrer Gesinnungen, indem er ihnen den nahen Ausbruch eines Volks – Aufstands verkündete. – Als aber noch an demselben Tage die Kunde von der Unterdrückung des Frankfurter Aufrufes in Ludwigsburg eintraf, gab zwar Koseritz seinen verbrecherischen Vorsatz nicht ganz auf, fand aber gerathen, dessen Ausführung auf günstigere Zeiten zu verschieben. Um die Zeit des Frankfurter Attentats, nämlich am 20. und 24. Merz, dann am 2. und 24. April 1833, fielen fünf Banden polnischer Revolutionäre, welche sich nicht ohne hinterlassene Spuren durch Süddeutschland zu schleichen gewußt hatten, unter dem Oberbefehl eines ehemaligen Obersten Joseph Zaliwsky von Galizien aus in Russisch Polen ein, und machten daselbst Versuche, dieses Land auf das Neue zu insurgieren, welche jedoch bald unterdrückt wurden. In demselben Monat April wurde zuerst in Genua, wo auch vorliegenden Anzeigen zu Folge schon am 4. April die Frankfurter Meuterei bekannt gewesen, sofort aber auch in Turin, Chamberg, Allessandria und mehreren anderen Städten des Königreichs Sardinien eine große Verschwörung entdeckt, welche besonders unter dem dortigen Militär viele Mitglieder zählte, ihrem Ausbruche nahe war und die Verwandlung der monarchischen Staaten Italiens in eine Republik zum Zwecke hatte. Um dieselbe Zeit sollen auch in Frankreich, namentlich in Lyon, Aufstände vorbereitet worden sein, und es scheint, dass deren Ausbruch nur im Hinblick auf den ungünstigen Erfolg der vorerwähnten auswärtigen Verschwörungen unterblieben ist. Die Gleichzeitigkeit aller dieser revolutionären Bestrebungen, so wie die gerichtlichen Bekenntnisse vieler Theilnehmer an denselben setzten außer Zweifel, daß der hochverräterische Complott, welcher am 3. April 1833 in Frankfurt a.M. zum Ausbruche gekommen ist, sich nicht auf Deutschland beschränkt, sondern über einen großen Theil von Europa verbreitet hat, und von einem gemeinschaftlichen Centralpunkte aus, der bekannten Propaganda in Paris – geleitet worden ist.
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