16. Auf dem Wege der Demokratie: 4.4. Gewerkschaften im Aufbau
In seiner Botschaft vom 6. August 1945 kündigte General Eisenhower an, daß künftig die Bildung örtlicher Gewerkschaften genehmigt werde. Die Amerikaner erhofften von den deutschen Gewerkschaften einen wichtigen Beitrag zur Gewinnung der Arbeiterschaft für die Demokratie sowie Unterstützung bei der Entnazifizierung und bei dem Aufbau einer deutschen Friedensindustrie. Verhandlungen über Löhne dagegen waren den Gewerkschaften wegen des von der amerikanischen Militärregierung verhängten Lohnstopps zunächst verwehrt.
Schon in den ersten Wochen nach der Besetzung waren frühere Gewerkschafter aktiv geworden. In Frankfurt stellte ein spontan gebildeter „Gründungsausschuß" unter Führung des späteren DGV-Vorsitzenden Willi Richter schon am 12. April 1945 bei der Militärregierung den Antrag, „die Vorbereitungen zum Neuaufbau der Gewerkschaften zu gestatten". Gleich nach ihrer offiziellen Zulassung durch die Militärregierung konnte daher ab August 1945 der Aufbau von Gewerkschaften zügig beginnen. In Kassel erhielt die „Einheitsgewerkschaft" die Lizenz bereits am 8. August, in Hanau am 1. September 1945.
Hatten in der Weimarer Republik christliche, sozialdemokratische und kommunistische Gewerkschaften das Bild bestimmt, so geschah jetzt der Neuaufbau im Zeichen der Bildung von Einheitsgewerkschaften, die keine weltanschaulichen oder konfessionellen Schranken kannten und nur nach Wirtschaftsbranchen und Industriezweigen getrennt waren. Die verschiedenen Industriegewerkschaften strebten jedoch von Anfang an auch nach einer gemeinsamen Dachorganisation, dem späteren „Deutschen Gewerkschaftsbund". So genehmigte die Militärregierung in Frankfurt am 15. November 1945 die Gründung von vierzehn Industriegewerkschaften und einem örtlichen „Gewerkschaftsbund" .
Angesichts der allgemeinen Not der Bevölkerung forderten die Gewerkschaften nachdrücklich die Verbesserung der unmittelbaren Lebensverhältnisse. Doch nutzten sie auch die historische Chance, sich in die hessische Verfassungsdiskussion einzuschalten und im Sinne einer Wirtschaftsdemokratie auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik sowie auf die Durchsetzung der Sozialisierung von Grundstoffindustrien und auf Fragen der Mitbestimmung Einfluß zu nehmen. Dazu bedurfte es aber einer — von den Amerikanern nicht vorgesehenen — zentralen Landesorganisation. Entgegen der erklärten Politik der Militärregierung befürwortete in Hessen eine große Mehrheit der Gewerkschafter von Anfang an den Gedanken eines politisch einflußreichen zentralen Gewerkschaftsbundes. Auf seinem 1. „Bundestag" am 24. und 25. August 1946 konstituierte sich der Freie Gewerkschaftsbund Hessen (FGB) als Dachorganisation selbständiger Industriegewerkschaften. Erster Vorsitzender wurde Willi Richter, der maßgeblich den Aufbau des mitgliederstärksten hessischen Gewerkschaftsbundes, des FDGB Frankfurt, mitgestaltet hatte. Die amerikanische Militärregierung genehmigte diese Gründung freilich vorerst nicht, weil sie die Zeit für eine Gewerkschaftsorganisation in größerem Rahmen noch nicht für gekommen hielt. Nach amerikanischen Angaben hatten die hessischen Gewerkschaften Anfang 1947 über 300000 Mitglieder; der Organisationsgrad lag bei 33% aller abhängig Beschäftigten (außer häuslichen Berufen und Landwirtschaft) und war damit höher als in den Ländern Bayern und Württemberg-Baden.
Schon in den ersten Wochen nach der Besetzung waren frühere Gewerkschafter aktiv geworden. In Frankfurt stellte ein spontan gebildeter „Gründungsausschuß" unter Führung des späteren DGV-Vorsitzenden Willi Richter schon am 12. April 1945 bei der Militärregierung den Antrag, „die Vorbereitungen zum Neuaufbau der Gewerkschaften zu gestatten". Gleich nach ihrer offiziellen Zulassung durch die Militärregierung konnte daher ab August 1945 der Aufbau von Gewerkschaften zügig beginnen. In Kassel erhielt die „Einheitsgewerkschaft" die Lizenz bereits am 8. August, in Hanau am 1. September 1945.
Hatten in der Weimarer Republik christliche, sozialdemokratische und kommunistische Gewerkschaften das Bild bestimmt, so geschah jetzt der Neuaufbau im Zeichen der Bildung von Einheitsgewerkschaften, die keine weltanschaulichen oder konfessionellen Schranken kannten und nur nach Wirtschaftsbranchen und Industriezweigen getrennt waren. Die verschiedenen Industriegewerkschaften strebten jedoch von Anfang an auch nach einer gemeinsamen Dachorganisation, dem späteren „Deutschen Gewerkschaftsbund". So genehmigte die Militärregierung in Frankfurt am 15. November 1945 die Gründung von vierzehn Industriegewerkschaften und einem örtlichen „Gewerkschaftsbund" .
Angesichts der allgemeinen Not der Bevölkerung forderten die Gewerkschaften nachdrücklich die Verbesserung der unmittelbaren Lebensverhältnisse. Doch nutzten sie auch die historische Chance, sich in die hessische Verfassungsdiskussion einzuschalten und im Sinne einer Wirtschaftsdemokratie auf die Gestaltung der Wirtschaftspolitik sowie auf die Durchsetzung der Sozialisierung von Grundstoffindustrien und auf Fragen der Mitbestimmung Einfluß zu nehmen. Dazu bedurfte es aber einer — von den Amerikanern nicht vorgesehenen — zentralen Landesorganisation. Entgegen der erklärten Politik der Militärregierung befürwortete in Hessen eine große Mehrheit der Gewerkschafter von Anfang an den Gedanken eines politisch einflußreichen zentralen Gewerkschaftsbundes. Auf seinem 1. „Bundestag" am 24. und 25. August 1946 konstituierte sich der Freie Gewerkschaftsbund Hessen (FGB) als Dachorganisation selbständiger Industriegewerkschaften. Erster Vorsitzender wurde Willi Richter, der maßgeblich den Aufbau des mitgliederstärksten hessischen Gewerkschaftsbundes, des FDGB Frankfurt, mitgestaltet hatte. Die amerikanische Militärregierung genehmigte diese Gründung freilich vorerst nicht, weil sie die Zeit für eine Gewerkschaftsorganisation in größerem Rahmen noch nicht für gekommen hielt. Nach amerikanischen Angaben hatten die hessischen Gewerkschaften Anfang 1947 über 300000 Mitglieder; der Organisationsgrad lag bei 33% aller abhängig Beschäftigten (außer häuslichen Berufen und Landwirtschaft) und war damit höher als in den Ländern Bayern und Württemberg-Baden.
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