14. Auf dem Wege der Demokratie: 4.2. Neuaufbau der Verwaltung
Nach der Besetzung Hessens hatten die amerikanischen Militärbehörden zunächst Gerichte, Universitäten und Schulen geschlossen, die erst nach erfolgter Entnazifizierung der dort tätigen Beamten wiedereröffnet werden sollten. Dagegen wurden die Mitarbeiter der allgemeinen Verwaltung aufgefordert, auf ihren Posten zu bleiben, um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Dazu gehörten insbesondere die Ernährungs-, Arbeits- und Wirtschaftsverwaltung, die notwendig waren, um das umfassende Planungs- und Verteilungssystem aufrechtzuerhalten. Die einschneidenden Entnazifizierungsmaßnahmen seit Juli 1945 führten indessen dazu, daß in Hessen in kurzer Zeit 57% der Beamten aus dem öffentlichen Dienst entlassen wurden. Die Folge waren erhebliche Lücken bei qualifiziertem Verwaltungs- und technischem Personal; andererseits ermöglichte es aber auch die Besetzung der leitenden Posten mit Demokraten, politisch Verfolgten oder zumindest unbelasteten Persönlichkeiten, was in vielen Bereichen einen tatsächlichen Neubeginn bedeutete. Vor allem jüngere Menschen strömten nun in den öffentlichen Dienst. Mitte 1946 ergab eine Erhebung, daß durch die vielen Neueinstellungen zwei Drittel der im öffentlichen Dienst Beschäftigten ein Dienstalter von unter 10 Jahren hatten.
Junge Volksschullehrer wurden nach einer mehrmonatigen Kurzausbildung eingestellt, um dem dringendsten Lehrermangel abzuhelfen und die Klassenstärken, die bis zu 85 Schüler betrugen, allmählich abzubauen. Wo besondere fachliche Qualifikationen - wie z.B. ein längeres Universitätsstudium — berufliche Voraussetzung waren, bestanden freilich noch längere Zeit erhebliche personelle Engpässe.
Besondere Schwierigkeiten gab es im Justizdienst, auch wenn schon im Juni 1945 die ersten Amtsgerichte wiedereröffnet wurden und schließlich als oberste gerichtliche Instanz für Hessen auch das Oberlandesgericht Frankfurt am 8. März 1946 seine Tätigkeit aufnahm. Aber noch im Mai 1946 war gerade die Hälfte der Richterstellen besetzt, obwohl sich das Justizministerium nach Kräften bemühte, politisch unbelastete Juristen z.B. unter den Rechtsanwälten für den Justizdienst zu gewinnen. Zeitweise wurde sogar eine Dienstverpflichtung für Rechtsanwälte erwogen, um sie als Richter oder Staatsanwälte an hessischen Gerichten einstellen zu können.
Trotz der erheblichen Unterbesetzung waren auch die hessischen Gerichte schon von 1945 an bestrebt, die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen zu ahnden. Um die Strafverfolgung sicherzustellen, wurden die Verjährungsfristen im Mai 1946 durch Gesetz aufgehoben. Hunderte von Strafverfahren richteten sich vor allem gegen Verbrechen, die während der sogenannten „Kristallnacht" geschehen waren. Die Zahl der entsprechenden NS-Verfahren, die in Hessen geführt wurden, lag weit über dem Bundesdurchschnitt.
Auch die Polizei galt als ein sensibler Bereich, der zunächst auf örtlicher Ebene unter Kontrolle der Militärregierung neu aufgebaut wurde. Die Stadt-, Land-, Grenz-und Kriminalpolizei erhielt weitgehend neues Personal. Wie improvisiert es dabei zuging, zeigt das Wetzlarer Beispiel. Die durch einen amerikanischen Offizier eingewiesenen neuen Polizisten wurden kurzerhand in umgefärbte Wehrmachtsuniformen eingekleidet. Da die hessischen Polizeikräfte zunächst unbewaffnet agieren mußten, war ihre Wirksamkeit angesichts der schwierigen Nachkriegsverhältnisse stark eingeschränkt.
Junge Volksschullehrer wurden nach einer mehrmonatigen Kurzausbildung eingestellt, um dem dringendsten Lehrermangel abzuhelfen und die Klassenstärken, die bis zu 85 Schüler betrugen, allmählich abzubauen. Wo besondere fachliche Qualifikationen - wie z.B. ein längeres Universitätsstudium — berufliche Voraussetzung waren, bestanden freilich noch längere Zeit erhebliche personelle Engpässe.
Besondere Schwierigkeiten gab es im Justizdienst, auch wenn schon im Juni 1945 die ersten Amtsgerichte wiedereröffnet wurden und schließlich als oberste gerichtliche Instanz für Hessen auch das Oberlandesgericht Frankfurt am 8. März 1946 seine Tätigkeit aufnahm. Aber noch im Mai 1946 war gerade die Hälfte der Richterstellen besetzt, obwohl sich das Justizministerium nach Kräften bemühte, politisch unbelastete Juristen z.B. unter den Rechtsanwälten für den Justizdienst zu gewinnen. Zeitweise wurde sogar eine Dienstverpflichtung für Rechtsanwälte erwogen, um sie als Richter oder Staatsanwälte an hessischen Gerichten einstellen zu können.
Trotz der erheblichen Unterbesetzung waren auch die hessischen Gerichte schon von 1945 an bestrebt, die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen zu ahnden. Um die Strafverfolgung sicherzustellen, wurden die Verjährungsfristen im Mai 1946 durch Gesetz aufgehoben. Hunderte von Strafverfahren richteten sich vor allem gegen Verbrechen, die während der sogenannten „Kristallnacht" geschehen waren. Die Zahl der entsprechenden NS-Verfahren, die in Hessen geführt wurden, lag weit über dem Bundesdurchschnitt.
Auch die Polizei galt als ein sensibler Bereich, der zunächst auf örtlicher Ebene unter Kontrolle der Militärregierung neu aufgebaut wurde. Die Stadt-, Land-, Grenz-und Kriminalpolizei erhielt weitgehend neues Personal. Wie improvisiert es dabei zuging, zeigt das Wetzlarer Beispiel. Die durch einen amerikanischen Offizier eingewiesenen neuen Polizisten wurden kurzerhand in umgefärbte Wehrmachtsuniformen eingekleidet. Da die hessischen Polizeikräfte zunächst unbewaffnet agieren mußten, war ihre Wirksamkeit angesichts der schwierigen Nachkriegsverhältnisse stark eingeschränkt.
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