3. Ausgrenzungen im demokratischen Rechtsstaat 1919 bis 1933
Die bürgerlich-demokratische Grundordnung der Weimarer Republik brachte keine rechtliche Verbesserung für die Sinti und Roma als Gruppe. Sinti und Roma blieben grundsätzlich als Gruppe und auch vielfach als Individuen diskriminiert, denn die Gesetze und Anordnungen aus der Zeit des Kaiserreichs gegen sie blieben in Kraft. Gleichzeitig wurde die Ausgrenzungs-, Diskriminierungs- und Erfassungspolitik von den Behörden immer weiter perfektioniert. Die "Zigeunerpolitik" war aber nicht widerspruchsfrei und nicht immer einheitlich repressiv, denn Politiker wurden immer wieder durch einen Teil der Öffentlichkeit oder durch Gerichte auf die Verfassungsordnung hingewiesen.
Eine Maßnahme, die gewünschte Politik umzusetzen, war die Erfassung der "Zigeuner", bei der das Land Bayern eine gewisse Vorreiterrolle zukam. Mit den damals neuesten Methoden der wissenschaftlichen Kriminalistik, Fotographie und Daktylographie, wurden nicht Schwerverbrecher oder Hochverräter erfasst, sondern eine Gruppe von Menschen, die weiterhin per se betrachtet - unabhängig von ihrem individuellen Alter - als potentiell kriminell betrachtet. Die auf diese Weise erstellten Materialien konnten später von den Nationalsozialisten übernommen werden.
Auch Preußen, damit der Regierungsbezirk Kassel, aber auch der Volksstaat Hessen verfügten 1927 die Durchführung des „Fingerabdruckverfahrens von Zigeunern”. (DOK) Allein in Preußen wurden rund 17.000 Bögen zur Fingerabdrucknahme verteilt und rund 8.000 Fingerabdrücke abgenommen. Bis zum Jahre 1928 waren schon rund 14.000 „Zigeuner” mit Lebensdaten, Lichtbildern und Fingerabdrücken erkennungsdienstlich - ohne Rechtsgrundlage – zentral erfasst.
Nicht nur auf Länderebene wurde eine antiziganistische Politik verfochten, sondern auch einzelne Kommunen erhoben Ende der 20er Jahre entsprechende Forderungen:
- Einschränkung der Gewerbefreiheit,
- Verbot des ambulanten Gewerbes ausschließlich für Sinti und Roma,
- Vereinheitlichung der „Zigeunerpolitik”.
Kommunalspitzenverbände versuchten über Umfragen 1929 und 1930 ein Bedrohungsszenario zu schaffen, um Sinti und Roma entweder vertreiben oder auch internieren zu können.
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