1. Konrad von Marburg und die Kreuzzüge
Magister Konrad von Marburg wurde vermutlich um 1180/90 geboren. Er entstammte möglicherweise einem von 1174 bis 1279 urkundlich belegten Niederadelsgeschlecht, das in Marburg und Umgebung ansässig war und sich nach der Stadt benannte. Der Stammbaum dieser Familie ist oben vereinfacht dargestellt. Auffällig ist, daß in der Sippe derer von Marburg bei Männern neben Widerold der Vorname Konrad am häufigsten auftritt. Konrad gehört aber neben Heinrich und Friedrich zu den gebräuchlichsten Vornamen der Stauferzeit. Daher kann aus dem Vornamen Konrad und der Ortsangabe von Marburg nicht automatisch auf einen genealogischen Zusammenhang geschlossen werden. Das Toponym von Marburg kann nämlich auch darauf verweisen, daß Konrad seine geistlichen Pfründe in Marburg hatte. Häufig nannten sich Kleriker in dieser Zeit nach ihren Amtssitzen.
Wie sein Magistertitel zeigt, hatte Konrad an einer nicht näher bekannten Hohen Schule oder Universität (Bologna? Paris?) studiert und die akademische Lehrbefugnis erworben. Er besaß die Priesterweihe, gehörte aber keinem geistlichen Orden an. Aus der Tatsache, daß er sich in der Umschrift seines Siegels als Praedicator verbi Dei – Prediger des Wortes Gottes bezeichnet, wurde immer wieder der Schluß gezogen, er wäre Mitglied des Dominikanerordens gewesen, der lateinisch Ordo Praedicatorum heißt. Das Bild seines Siegels macht jedoch augenfällig, daß er nicht Dominikaner war: Konrad trägt kein Dominikanerhabit, sondern das Gewand eines Weltgeistlichen.
Im Sommer 1187 waren große Teile des während des 1. Kreuzzuges 1099 gegründeten christlichen Königreiches Jerusalem samt seiner namensgebenden Hauptstadt unter die Herrschaft des muslimischen Sultans Saladin und seiner Nachfolger gefallen. Den Christen gelang es in zwei daraufhin unternommenen Kreuzzügen nicht, die Stadt Jerusalem zurückzuerobern. Im April 1213 rief daher Papst Innozenz III. zu einem weiteren Kreuzzug auf. Um die Gläubigen, insbesondere den Adel, zu einer raschen Durchführung zu ermuntern, wurden überall in Europa Geistliche als Kreuzzugsprediger ausgesandt. Magister Konrad von Marburg war ein solcher Kreuzzugsprediger. Im Juni 1215 wird er erstmalig urkundlich erwähnt.
1216 ernannte Papst Innozenz III. Konrad und weitere Geistliche zu Spezialbevollmächtigten für die Betreuung der Kreuzfahrer und zur Einsammlung der Kreuzzugsgelder in den Erzdiözesen Trier und Bremen. Bis zum Sommer 1227 scheint Konrad als Kreuzzugsprediger tätig gewesen zu sein. In den Wormser Annalen wird er als hochgebildet und wortgewaltig charakterisiert.
Lübeck, Heiliggeistspital, Anonymer Schüler des Conrad von Soest, Elisabeth-Zyklus, ca. 1420/30
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