4. Geistiges Leben
Das geistige Leben in Hessen umfaßt natürlich mehr, als hier gezeigt wird. Vor uns liegen nur einige optische Perlen, die oft nur darauf hinweisen können, daß in den Beständen des Staatsarchivs sich Ähnliches noch mehr befindet.
Die Frühzeit, beginnend mit der Christianisierung durch iroschottische Mönche im 9. Jahrhundert, hat im Staatsarchiv ursprünglich oft ein sehr verborgenes Leben geführt. Handschriftenreste dieser Zeit oder ganz frühe Handschriften der folgenden Jahrhunderte, auch alte Musikalien oder hebräische Handschriften, werden Anfang des 17. Jahrhunderts als Makulatur zu Pergamenteinbänden verarbeitet, frühe Drucke finden sich in Buchdeckeln wieder. Beispiele solcher Fragmente liegen aus, und sie können zeigen, wofür man sich in Hessen zu einer Zeit interessierte, über deren Bildungshorizont man nicht sehr viel weiß. Politisch brisante Schriften - dafür steht der Hessische Landbote - finden sich oft in Polizeiakten als Anlage, modernere Noten in Privatpapieren. All dies sind Zufallsfunde, Dinge, die man im Archiv finden, aber nicht erwarten. kann.
Besser dokumentiert ist geistiges Leben im Archiv dort, wo sich Institutionen der Bildung annehmen, bei Schulen und Universitäten, deren Akten sich hier im Hause befinden. Im Archivsprengel gab oder gibt es noch andere Hochschulen als die Marburger Universität und die Universität Fulda, die erste eine protestantische, die zweite eine katholische Bildungsstätte, etwa die alte Universität Kassel des 17. Jahrhunderts, das Kasseler Collegium Carolinum des 18. Jahrhunderts, eine Ritterakademie, die in der napoleonischen Zeit aufgelöste zweite Landesuniversität in Rinteln, Kunstakademien, die Gesamthochschule Kassel etc. Und in Marburg spielte sich der Streit um die Konfession an der Landesuniversität in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ab, für diese Zeit sind die Bestände des Marburger und des Giessener Universitätsarchivs für die Geschichte der beiden alten Landesuniversitäten von Bedeutung. Sieht man ab von der Universität Marburg ist die Überlieferung im Marburger Staatsarchiv jedoch nicht immer dicht. Schriftstellernachlässe gelangen manchmal ins Staatsarchiv Marburg, in der Regel an andere Institutionen, Bibliotheken und deren Handschriftenabteilungen, das Literaturarchiv in Marbach. Auf die Papiere der Grimms weisen einzelne Exponate hin. Die Erwerbung bedeutender Politikernachlässen ist speziell für die kurhessische Zeit gelungen - sehr dekorativ sind solche Papiere oft nicht. Sie sind daher in der Ausstellung der Schätze des Marburger Archivs nicht vertreten, sie wollen gelesen und studiert, nicht angeschaut werden. I.A.
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