11. Reformation und Bildungspolitik in Hessen
Tafel 11: Reformation und Bildungspolitik in Hessen
Reformation und Verbesserung der Bildung hängen eng zusammen. Dies zeigt sich besonders in Hessen: Die in Kapitel 29 bis 32 der Homberger "Reformatio" formulierten Vorgaben bilden den Grundstock von Landgraf Philipps Bildungsprogramm: die Gründung der Marburger Universität, Schulbildung für Knaben und Mädchen, Stipendien für begabte Arme. Der Landgraf nimmt damit das gesamte Bildungswesen in seinen Einflussbereich. 1527 werden die hessischen Klöster säkularisiert. Dadurch erhält Philipp die Möglichkeit, sein Bildungsprogramm umzusetzen und die neue Universität mit Einkünften auszustatten.
Am 30. Mai 1527 wird in Marburg die erste protestantische Universität gegründet. Sie soll universellen Charakter besitzen. Philipp verleiht ihr mit einem Freiheitsbrief vom 31. August 1529 die akademischen Freiheiten und mit der Dotationsurkunde vom 4. Oktober 1540 wirtschaftliche Selbständigkeit. Die volle Anerkennung im Reich erreicht die Alma Mater Marburgensis aber erst mit der Bestätigungsurkunde Kaiser Karls V. vom 16. Juli 1541. .
Die „Partikular-“ oder „Trivialschulen“ in Hessen dienen zunächst der religiös-sittlichen Erziehung für zukünftige Prediger und andere Staatsbeamte. So stehen im Mittelpunkt des gesamten Unterrichts die Heilige Schrift und der Katechismus. Unterricht in der lateinischen Elementargrammatik dient als Vorbereitung für den Besuch der Universität; er hat zum Ziel, die Schüler zu befähigen, Latein – die Gelehrtensprache der Zeit – schriftlich und mündlich möglichst früh zu beherrschen. Die deutsche Sprache bleibt zweitrangig, obwohl sie durch die Reformatoren zur Gottesdienstsprache geworden ist.
Landgraf Phillips Anliegen ist die Alphabetisierung beider Geschlechter. Knaben und möglichst auch Mädchen sollen wenigstens die Befähigung zur Bibellektüre erhalten. Unter Mithilfe des Straßburger Reformators Martin Bucer (1491-1551) gelingt es ihm durch die Ziegenhainer Zuchtordnung von 1539 einen planmäßigen, obligatorischen Unterricht für alle Kinder, ohne ständische Unterschiede, einzuführen. Allerdings ist deren Umsetzung eher Programm geblieben als Wirklich geworden, doch hat sie Philipps Nachfolgern den Weg gewiesen.
Bei der Gründung der Universität wird ihr ein Pädagogium angeschlossen, das die schulische Jugend auf das wissenschaftliche Studium vorbereiten soll. Dieses Marburger Pädagogium wird in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts nach preußischem Vorbild in ein humanistisches Gymnasium umgewandelt, das heutige Gymnasium Philippinum.
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.