6. Frauen in der Reformationszeit
Tafel 6: Die Frauen in der Reformationszeit
Es versteht sich von selbst, dass ein Ereignis wie die Reformation alle Gesellschaftsschichten sowie beide Geschlechter betrifft. Auch wenn Männer die reformatorischen Wortführer darstellen, gibt es eine Reihe von Frauen, welche die reformatorischen Bestrebungen begleitet und mitgeprägt haben. Es sind dies vor allem die Ehefrauen der Reformatoren selbst wie Katharina von Bora, Luthers „Herr Käthe“. Diese geben ihren Ehemännern häuslichen Rückhalt und Sicherheit und repräsentieren das evangelische Bild der Frau als Mutter und Haushaltsvorstand. Das Zölibat als christliches Ideal wird abgelöst von der Ehe als Modell guter Lebensführung, wobei die rechtliche Stellung der Frau sich nicht wesentlich ändert: Die Frau bleibt dem Mann untergeordnet, ist Beistand und der Männer Lust und Freude (Martin Luther). In den Gattinnen der Reformatoren ist die Position der Frau im Pfarrhaus vorgebildet, die das emotionale, intellektuelle wie auch das spirituelle Klima der protestantischen Kultur nachhaltig beeinflussen wird.
In der Reformationszeit gibt es durchaus radikalere Forderungen einer Neupositionierung der Frauen, die über die Rolle als Hausfrau und Mutter hinausgehen. Durch die Übersetzung der Bibel in die Alltagssprache und durch das protestantische Ideal des Priestertums aller Getauften hätte die Rolle der Frau insgesamt neu formuliert werden können. Doch Paulus' Forderung Die Frau aber schweige in der Gemeinde (1 Kor. 14, 34) bleibt vorherrschend vor einer heute als Gleichheit von Frau und Mann verstandenen Aussage, wie sie sich im sog. 2. Schöpfungsbericht des Menschen findet: Als Mann und Frau schuf er sie (Gen. 1, 27). „Aufsässige“ Frauen, die sich in die theologischen Diskussionen einmischen, wie Argula von Grumbach, Luther-Anhängerin in Ingolstadt, oder Elisabeth von Rochlitz, theologisch gut informierte und streitbare Schwester des Landgrafen Philipp von Hessen, haben auch in der protestantischen Geschichtsschreibung wenig Aufmerksamkeit gefunden.
So ist festzuhalten, dass die Reformation die Stellung der Frau in rechtlicher Hinsicht nicht wesentlich verändert hat. Sie ist zwar theologisch Miterbin der Gnade (Martin Luther), aber sozial gesehen verbleibt sie in einer dem Mann klar untergeordneten Position. Zudem wird ihr – durch Abschaffung der Orden - ein Leben in selbstständig organisierter, weiblicher Gemeinschaft unmöglich gemacht. Für alleinstehende protestantische Frauen gibt es im kirchlichen Bereich nach der Auflösung der Klöster (mit Ausnahme von adligen Damenstiften) keine Alternative zu Ehe und Familie, dies ändert sich erst mit der offiziellen Gründung der weiblichen Diakonie im 19. Jahrhundert.
Nichtsdestotrotz profitiert eine relativ kleine Gruppe von Frauen vom Bildungsangebot des Protestantismus. So gibt es neue Handlungsspielräume für manche der zu den herrschenden Dynastien gehörenden Frauen – Teilhabe an Herrschaft wird durch die konfessionelle Bindung auch in kleinen Territorien möglich, wie am Beispiel der Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg zu sehen ist, die einen neuen Typ von Regentin verkörpert. Als erste Frau verfasst sie ein den lutherischen Vorgaben herrschaftlichen Handelns entsprechendes „Regierungshandbuch". Es hat ihr den Beinamen "Mutter der Reformation“ eingetragen.
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