9. Deutsche Plakatkunst: Propaganda an der Heimatfront
Für karitative Zwecke wurde auf deutschen Plakaten schon früh mit aufwändigen und eindrücklichen Bildern geworben. Mit graphischer Eleganz machte man Reklame für Volksspenden, die Kriegsfürsorge oder das Rote Kreuz. Auf deutschen Plakaten für Kriegsanleihen kamen Bilder jedoch erst Anfang 1917 auf. Die Werke Fritz Erlers, der auch die Wandmalereien im Wiesbadener Kurhaus geschaffen hatte und einer der offiziellen Kriegsmaler war, wurden zu Ikonen des Weltkriegsplakats. Trotzdem bemängelte man den fehlenden Schwung bei diesen statisch und massiv angelegten Plakaten, die heute schon fast wie Vorboten der NS-Ästhetik wirken.
Gerade bei Fritz Erler sollte sich dieser Weg auch bewahrheiten. In eklatantem Gegensatz zu dieser Heroisierung durch eine realistische, aber strenge und statische Formensprache steht das Plakat zum richtigen Verhalten bei Fliegergefahr. An biedermeierliche Formen oder Wilhelm Busch erinnernd, sollte es nicht nur allgemeinverständlich sein, sondern durch verniedlichende Bilder die Harmlosigkeit der Geschehnisse vorgaukeln.
Die Kriegswirtschaft und Kriegsfinanzierung aller beteiligten Staaten waren nicht auf eine mehrjährige Dauer der Kampfhandlungen eingerichtet. Je länger sie währten, umso dringender war man daher in Deutschland zu ihrer Fortführung auf die Zeichnung von Kriegsanleihen und die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung angewiesen, deren Versorgung immer mehr zu leiden begann. Ihren Höhepunkt erreichte die schlechte Lebensmittelversorgung im "Steckrübenwinter" 1916/1917. Der Historiker Hans-Ulrich Wehler rechnet mit über 700.000 Hungertoten während des Krieges; die Kindersterblichkeit stieg um 50 Prozent. Dass "dieser Krieg [...] etwas schmerzlicheres als die meisten früheren [hatte]. Etwas Freudloses, wenn man so sagen darf" (Gerhart Hauptmann), galt auch für die "Heimatfront".
Umso wichtiger war es, mit Hilfe der Plakatkunst den Durchhaltewillen der Bevölkerung und damit die Leistungsbereitschaft zu erhöhen. Lucian Bernhard, in der Produktwerbung erfahren, wurde eigens von der Front zurückgeholt, um die Werbung für Kriegsanleihen zum Erfolg zu führen. Er nutzte dafür neben seinem gestalterisch-ästhetischen Können das gewünschte Pathos und die emotionale Ebene. Auf seinem Plakat weist die geisterhafte Gestalt eines Seemanns den Soldaten darauf hin, wie sehr die Kriegsanleihen die Sicherheit der Soldaten und damit auch Deutschlands garantieren können.
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