Intervention des Befehlshabers der Judenschaft, Joseph von Rossum [Josel von Rosheim], mit Verweis auf kaiserliche Privilegien wegen unbilliger Erschwerung des Judengeleits in der Grafschaft Hanau, 6.-22. April 1539 Auf die ihm am Vortag von Graf Wilhelm von Nassau als hanauischem Vormund zugesandte Klage des Befehlhabers der Judenschaft Josel von Rosheim über die Erhebung ungewöhnlichen Zolls berichtet der hanauische Oberamtmann am 7. April, daß er den Juden bei Strafe befohlen hat, bei Durchzügen durch die Grafschaft Geleit zu nehmen. Er weist darauf hin, daß die Juden von Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und anderen Orten die hanauischen Untertanen "gantz betruglicher weis" und gegen die Reichsordnung "durch ire furlustige practicen mit leihen und andern verbottnen wucherlichen contracten" um viele tausend Gulden gebracht haben, so daß man die armen Leute vor ihnen schützen muß. Auch ziehen seit Jahren zur Zeit der Frankfurter Messe fremde Juden in großer Zahl, darunter viele Berittene mit "fewerbuchsen an iren settel", durch die Grafschaft. Werden sie von den Beamten wegen des Geleits angesprochen, zahlen sie nicht, sondern geben "bose, trotzige und verwenete wort". Bei ihren tags wie nachts erfolgenden Durchzügen bleiben sie nicht auf den Straßen, sondern suchen Nebenwege und umgehen den Zoll.
Josel von Rosheim, dem diese Antwort verlesen wurde, erbittet am 12. April eine Abschrift von Graf Wilhelm. Er weist die Klage über die Durchzüge der Juden zurück und beschwert sich seinerseits, daß einzeln oder zu zweit auf öffentlichen kaiserlichen Straßen durch die Grafschaft reisende Juden gegen ihre Privilegien und den gemeinen Landfrieden zu stark durch das Geleit belastet werden. Bei größeren Gesellschaften von sechs bis acht Personen hält er eine angemessene Geleitsabgabe für angebracht, "damit man ein warzeichen, daß sie sich hetten zu Hannaw anzeigt, oder wo das wehr, und nit dermassen zwen batzen von der personen und bey der weil mehr nach jedes gefallen genomen werden". In Gruppen bis zu vier Personen Reisende oder auf "kleinen klepper" reitende Juden soll man dagegen unbeschwert lassen und ihnen nur den gewöhnlichen Zoll am Hanauer Tor abfordern. Was die Juden zu Frankfurt, Friedberg und Gelnhausen angeht, so sind sie durchaus an der Einhaltung und gerichtlichen Oberprüfbarkeit ihrer Verträge mit hanauischen Untertanen interessiert und keineswegs gewillt, unbillige und dem Herkommen zuwiderlaufende Abschlüsse zu tätigen. Aufgrund der ungewöhnlichen Beschwerungen, die den Juden auferlegt wurden, geht das Gerücht von ihrer beabsichtigten Vertreibung aus der Grafschaft Hanau um, doch vertraut Josel auf die Fortdauer des Schutzes, den die Grafen den Juden als "berumpte milte herren" seit vielen Jahren haben angedeihen lassen und dies um so mehr, als auch der Kaiser die Vertreibung der Juden untersagt hat.
Am 21. April beschwert sich Josel darüber, daß er auf seine Supplik nur "zornige worte und handlung" erfahren hat, so dass er Grund hätte, sich deshalb beim kaiserlichen Kammergericht und seinem Schutzherren, dem Kurfürsten von der Pfalz, zu beklagen. Da er jedoch "alß ein alter" Irrungen zwischen Herrschaft und Untertanen tunlichst vermeiden will und eine friedliche Lösung anstrebt, hat er vorerst nur den kaiserlichen Orator zu Frankfurt um seine Vermittlung gebeten, der ihm mitgeteilt hat, daß Graf Wilhelm von Nassau und der hanauische Oberamtmann zugesagt haben, die Juden mit neuen Beschwerungen zu verschonen. Josel erbittet eine schriftliche Bestätigung und verweist darauf, daß auch die drei Kurfürsten beschlossen haben, die Juden zu schützen und sie "wandlen und passieren" zu lassen.
Sign: 86 Hanauer Nachträge Nr.26169 B1.1-7; vgl. auch die Einträge vom 6. und 22. April 1539 in Protokolle II Hanau A Nr.2a Bd.4/1 B1.66v und 83v.
Zit. nach Uta Löwenstein, Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg 1267-1600, Bd. 1, Wiesbaden 1989, S. 344-345
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