Öffentlicher Anschlag des "Ordnungsausschusses" in der Stadt Marburg vom 12. April 1945.
Für Ordnung und Sauberkeit [35]
Der Nationalsozialismus ist zusammengebrochen und hat unser Vaterland in den Abgrund gestürzt. Höchstes Gebot der ernsten Stunde ist es, Ordnung und Sauberkeit an die Stelle von Willkür und Phrase treten zu lassen. Zu diesem Zwecke haben sich verantwortungsbewußte Bürger unserer Stadt zusammengeschlossen, die den Behörden - Militärregierung und Stadtverwaltung, aber auch den anderen Dienststellen und Organisationen - zur Verfügung stehen und Wünsche und Vorschläge aus der Bevölkerung entgegennehmen und bearbeiten wollen; unter der Anschrift "Ordnungs-Ausschuß, Marburg-Lahn, Rathaus" sind solche Anliegen einzureichen (anonyme Zuschriften bleiben unerledigt!). Wir bitten, uns mit kleinlich-persönlichen Dingen zu verschonen, wie wir auch nicht gesonnen sind, Personen aus Haß oder Rache zu verfolgen. Doch darüber darf kein Zweifel bestehen: Die Gerechtigkeit erfordert es, daß die Verantwortlichen und die Nutznießer des "Dritten Reiches", die Totengräber unseres Vaterlandes, unerbittlich herangezogen werden, das wieder gut zu machen, was sie verschuldet haben! Wir betreiben den Wiederaufbau auf der Grundlage von Ordnung, Sauberkeit und Recht und rufen alle Marburger zur Mitarbeit auf.
Anmerkungen:
[35] Öffentlicher Anschlag des Ordnungsausschusses vom 21. 4. 1945. Bauerpapiere. Dort existieren mehrere Fassungen dieses Anschlags (vgl. GIMBEL, Eine deutsche Stadt, S. 277), die vorliegende letzte stammt laut handschriftlicher Notiz Bauers vom 21. April. Dazu führte er 16 Namen auf, die als Unterzeichner gelten: Bauer, de Boor, Elmshäuser, H. Feller, Hamann, Kombächer, v. Massenbach, Mangel, Mütze, L. Peter, G. Pfeil, Roppel, Sangmeister, Steinmeyer, Tilmann, Wormsbächer.
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