Kurfürst Wilhelm beauftragt nach dem Mord an August von Kotzebue am 29. März und am 21. April 1819 den Polizeidirektor von Hanstein, die Professoren und die Studenten der Marburger Universität zu beobachten.
An den Polizey-Director, Regierungs-Rath v. Hanstein in Marburg
Cassel den 29. März 1819.
Die Vorfälle bei der sogenannten Wartburgs-Feyer im Octbr. 1817.
Die Auftritte zu Göttingen im vorigen Jahre, und mehrere bekannt gewordenen Ereignisse auf Universitäten in Deutschland, haben schon lange und in deutlichen Fortschritten den Geist der Schwärmerey und Empörung gezeigt, welcher unter den Studenten überall verbreitet zu seyn scheint. Auf eine wahrhaft schendliche Art aber, hat sich solcher noch mehr durch die am 23ten d.M. in Mannheim von einem Studenten verübte Ermordung des p v. Kotzebue offenbaret und so zu Tage gelegt, daß man daraus nicht nur weitumfassende Verbindungen, sondern auch geheime und gefährliche Verschwörungen folgern muß.
Sehr einläuchtend wird es bey solchen Vorgängen und zur höchsten Notwendigkeit für die öffentl. Sicherheit im Allgemeinen sowohl, als für jeden Einzelnen, daß auf den Universitäten die allergenaueste Beobachtung der Studenten statt finden müsse.
Der Polizey-Direktor v. Hanstein erhält dafür hierdurch den ernstlichsten // und gemessensten Befehl, diesen Gegenstand jezt vorzüglich in das Auge zu fassen und zu behalten. Es muß daher Derselbe für sich und durch seine Agenten, jedoch, wie sich von selbst versteht, auf die geheimste und immer bestmögl. zu verdeckende Weise, alle Studenten, auch nach seiner Kenntniß und den Umständen, selbst die Professoren dort, auf das sorgfältigste in ihren Handlungen und Reden beobachten, ihre Gesellschaften, Besuche und Reisen alle Aufmerksamkeit wenden, bei stattfindenden besondern Zusammenkünften der Studenten etc. unter sich, oder mit Fremden, besonders wachsam seyn und sich davon Kenntniß zu schaffen suchen - überhaupt aber, mit aller Umsicht und thätigster Bemühung hierbey so zu Werke gehen, daß, wenn dort Studiernde oder Andere in geheime Verbindungen und Pläne mit verwickelt wären, oder noch würden, Derselbe davon bei Zeiten Wissenschaft haben könne.
Nach diesem Auftrag werde Ich Mich daher, bei irgendeinem Ereigniß, das hierin mit Marburg in Beziehung kommen könnte, lediglich an Denselben halten u. nunmehr bestimmt und ohnfehlbar erwarten, // daß Derselbe von jedem bedeutenden Vorfall, oder einer erhaltenen bedenklichen Nachricht sofort die erforderl. berichtliche Anzeige an Uns Selbst unmittelbar machen, auch wenn es die Umstände erheischen, deshalb eine besondere Estafette, oder einen sicheren Polizey-Agenten damit abschicken werde.
Übrigens muß von diesem Auftrag in dem 14tägigen Polizey-Rapport keine Erwähnung geschehen, und ist außerdem jezt noch eine besondere Schilderung von dem Geist und den herrschenden Gesinnungen und Äusserungen der dortigen Professoren und Studenten überhaupt, an Uns zu allerhöchsten Händen einzusenden.
Wilhelm K
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