Martin Luther als der von dem böhmischen Reformator Johannes Hus geweissagte und von Gott berufene Erneuerer der Kirche. Replik auf den Augsburger Reichstagsabschied, 1531
Martin Luther, Glosa auf das vermeint Keiserlich Edict Ausgangen Anno M.D.XXXI. nach dem Reichstage des M.D.XXX. jars. [Auszüge]
Luther als der Vollender des böhmischen Reformators Johannes Huss, der 1415 auf dem Konzil zu Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Die Gegenschrift Luthers zum Augsburger Reichstagsabschied 1530 ist wohl im März/April 1531 verfasst, bald nachdem der offizielle Druck der Artikel des Reichstagsabschieds nach Wittenberg gelangt ist. Luther nimmt den "frommen" Kaiser Karl V. nachdrücklich in Schutz und verweist statt dessen auf die Verantwortlichkeit anderer am Hofe sowie namentlich Papst Clemens, die im vermeintlich Kaiserlichen Edikt unter Kaiserlichem Namen "ihre Lügen" verbreiteten.
Er selbst, Dr. Martin Luther, sei von Gott dazu berufen, dem seit nun mehr als 600 Jahren währenden lästerlichen Wesen des Papstums ein Ende zu bereiten und Löwen und Drachen mit Füßen zu treten. Bereits der böhmische Reformator Johannes Huss Hus bedeutet auf Tschechisch = Gans habe das Auftreten Luthers prophezeit, indem er 1415 vor seiner Verbrennung auf dem Scheiterhaufen geweissagt hatte: "Heute braten sie eine Gans. Aber über hundert Jahre werden sie einen Schwan singen hören, den sollen sie leiden."
Ich Martinus Luther, der heiligen Schrifft Doctor und Prediger der Christen zu Wittenberg, Bedinge hie mit dieser öffentlicher Schrifft ,das, alles was ich wider dis vermeint Keiserlich Edict oder Gebot in diesem Büchlin schreibe, nicht wil geredt noch verstanden haben als wider Kei[serlich] Maie[stet] oder einige Oberkeit, geistliches oder weltliches Standes geschrieben. Sondern weil der weise könig Salomon sagt, das ein einiger Bösewicht zu Hofe gros Unglück kan schaffen, und widerumb ein einiger frumer Naaman zu Hofe viel Guts schaffen kan, So wil ich hie mit nicht den frumen Keiser noch die frumen Herrn, Sondern die Verrheter und Bösewichter sie seien Fürsten oder Bischoue gemeinet haben, so unter Keiserlichem namen oder wie Salomon sagt zu Hofe iren verzweiuelten boshafftigen mutwillen fürnemen zu volbriongen, Und sonderlich den Gesellen, welchen S. Paulus nennet Gottes widerwetigen, ich solt sagen Gottes stathalter, denHeuptschalck Bapst Clemen und seinen diener Campegium und der gleichen. Das ist meine Meinung, Gotte gebe glück und gnade dazu, Amen. [...]
Ich aber Doctor Martinus bin dazu beruffen und gezwungen, das ich muste Doctor werden on meinen danck aus lauter gehorsam. Da hab ich das Doctorampt müssen annemen und meiner allerliebsten heiligen Schrifft schweren und geloben, sie trewlich und lauter zu predigen und leren. Über solchem leren ist mir das Bapstumb in weg gefallen und hat mir wollen wehren. Daruber ists im auch gangen wie fur augen und sol im noch erger gehen und sollen sich meiner nicht erwehren. Ich will in Gottes namen und Beruff auff dem Lewen und Ottern gehen, und den jungen Lewen und Drachen mit füssen tretten. Und das sol bey meinem Leben angefangen und nach meinem Tod ausgericht sein. S. Johannes Hus hat von mir geweissagt, da er aus dem Gefengnis in Behemerland schrieb: Sie werden jtzt eine Gans braten denn Hus heisset eine gans Aber über hundert jar werden sie einen Schwanen singen hören, den sollen sie leiden. Da sols auch bey bleiben ob Gott wil.
Das wil ich auff dis Edict dis mal zur Glosen gesagt haben. Lebe ich und krawet mich jemand, So kan ich es noch wol bas jucken und kützeln. In des las im nur niemand grawen fur diesem Edict, das sie unter des fromen Keisers namen so schendlich erliegen und auslassen. Solten sie nicht unter eines fromen Keisers namen ihre lügen auslassen. So sie ir gantzes lesterlichs schendlichs Wesen, stand, lere, leben und was sie sind und thun, alles unter dem namen Gottes und der heiligen Kirchen, angefangen und erhalten haben, nu bis über sechs hundert jar her. Aber der selbige unser lieber Gott wolte solcher lesterunge ein mal ein ende machen, und seinen Namen wider heiliegen, das sein -Reich auch ein mal kome und sein Wille geschehe, Amen, Amen. Und falle das lesterliche Bapsttumb und was dran henget in abgrund der Hellen, wie Johannes verkündigt in Apocalypsi, Amen. Sage wer ein Christ sein wil, Amen
In seine Replik auf den Augsburger Reichstagsabschied 1530 wehrt sich Luther gegen den Vorwurf altgläubiger Bischöfe und Kardinäle, dass es nur ihnen, aber nicht Luther zustehe, anerkannte Irrtümer der Papstkirche zu ändern und zu reformieren. Zu dem großen Werk der Reformation, so Luther in seiner Entgegnung, bedarf es der Berufung durch Gott, und nicht wie bei den Papisten der Suche nach eitler Ehre und Ruhm.
Ich aber, Doktor Martin Luther, bin dazu berufen und gezwungen, dass ich Doktor werden musste ohne mein Verdienst aus reinem Gehorsam. Da habe ich das Doktoramt annehmen und meiner allerliebsten Heiligen Schrift schwören und geloben müssen, sie treulich und lauter zu predigen und zu lehren. Aufgrund solcher Lehren ist mir das Papsttum in den Weg gefallen und wollte mich behindern. Darüber ist es ihm [dem Papsttum]auch ergangen wie augenscheinlich und soll es ihm noch ärger ergehen und soll sich meiner nicht erwehren. Ich will in Gottes Namen und mit seiner Berufung auf den Löwen und Ottern gehen, und den jungen Löwen und Drachen mit Füßen treten. Und das soll bei meinem Leben angefangen und nach meinem Tode ausgerichtet sein. Johannes Hus hat von mir geweissagt, da er aus dem Gefängnis in Böhmen schrieb: Sie werden jetzt eine Gans braten, denn Hus heißt [in Tschechisch] Gans. Aber über hundert Jahre werden sie einen Schwan singen hören, den sollen sie leiden. Da solls auch bei bleiben so Gott will.
Martin Luther, Replik auf den Augsburger Reichstagsabschied 1531, WA 30 III, S. 321-388 [Auszüge]. Übertragung in Neuhochdeutsche von Reinhard Neebe. Online-Digitalisat siehe https://reformation.slub-dresden.de/autograph/martin-luthers-glosse-auf-das-vermeintliche-kaiserliche-edikt-1531/
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