Angriffe auf den Papst: John Wiclif, um 1380
John Wiclif, De Christo et suo adversario Antichristo, ed. R. Buddensieg 1883
Das Papsttum. Wenn der Papst in Lehre und Leben Christo entgegen ist, so ist er der vornehmste Feind Christi ... und der hauptsächlichste Antichrist ... In Worten ist er dies, weil er Lügen ausstreut.
Wenn wir hinsehen auf die Schriften der Apostel, die geschrieben sind aus dem Glauben an den Herrn Jesum Christum, und auf die päpstlichen Schriftstücke, die Bullen und die Dekretalbriefe ... dann können wir ersehen, wie wenig sie in ihrem Inhalt überein-stimmen; denn die päpstlichen Schriften sprechen von der Macht in der Welt, die evangelischen Schriften aber von demütiger Flucht aus der Welt.
Christus war sehr milde und sanftmütig, wie es bei Matthäus 11, 20 heißt. Der Papst aber ist, wie man sagt, ein hochmütiger Mensch und ein grausamer Rächer. Denn wenn ihm die Macht des weltlichen Arms fehlt, so wendet er die Strafe der Exkommunikation an und verleiht angeblich Ablässe allen denen, die ihn an seinen Feinden rächen wollen.. .
Als Christus durch Samarien zog und den Seinigen Speise und Herberge verweigert wurde, da wollte er nicht, daß die Leute darum gekreuzigt würden, wie es aus Lukas 9, 56 hervorgeht: „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten.” Der Papst aber verdirbt, wie man sagt, viele Seelen; müssen wir ihn darum nicht für den Antichrist halten?
Wenn es hundert Päpste gäbe und alle Bettelmönche Kardinäle würden, man dürfte ihnen in Glaubenssachen doch nur insoweit beipflichten, als sie mit der Heiligen Schrift übereinstimmen. [R. Buddensieg und G. Lechler]
Geschichte in Quellen, Bd. 2, Mittelalter, hg. von Wolfgang Lautemann und Manfred Schlenke, München 1975, S. 799
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.