Abschied des Augsburger Reichstages (Religionsfrieden), 25. September 1555
Nachdem im Vertrage von Passau (2. August 1552) bereits ein vorläufiger Vergleich zwischen den Religionsparteien geschlossen worden war, wurde auf dem Augsburger Reichstag die reichsrechtliche Anerkennung des lutherischen Bekenntnisses als gleichberechtigte Konfession neben der katholischen Religion verankert. Kaiser Karl V. kam der Bewilligung des Reichstagsabschieds durch die Niederlegung seiner Kronen zuvor - an seiner Stelle unterzeichnete sein Bruder Ferdinand, römischer König. Die Hauptbestimmungen des Augsburger Abschieds waren:
1) Der Religionsfrieden gilt nur für die Anhänger der Augsburgischen Konfession (CA) und der alten Religion (Katholiken), Reformierte und andere bleiben ausgeschlossen. 2) Die Untertanen haben dem Bekenntnis des Landesherren (ius reformandi ) zu folgen ( cuius region eius religio); nur in den Reichststädten gibt es religiöse Toleranz. 3) Untertanen, die aus Gründen der Religion ihr angestammtes Land verlassen wollen, haben das Recht zur Auswanderung (ius emingrandi).
Zwar wurde an dem Ziel eines Religionsausgleichs ausdrücklich festgehalten, gleichwohl war mit Augsburg die konfessionelle Spaltung des Reiches endgültig besiegelt - ebenso wie die Konfessionseinheit in den Territorien.
Wir Ferdinand von gottes genaden, Römischer könig, zu allen zeiten mehrer des reichs etc. ...
Religionsfrieden.
[§ 13] Dieweil auf allen, von dreißig oder mer jaren gehaltenen reichstägen und etlichen mer particular-versamblungen von einem gemeinen beharlichen und bestendigen frieden zwischen des heil. reichs stenden der strittigen religion halben aufzurichten, vielfaltig gehandlet, geratschlagt und etlich mal friedstende aufgericht worden, welche aber zu erhaltung des friedens niemals genugsam gewesen, sonder deren unangesehen die stende des reichs für und für in widerwillen und misvertrauen gegen einander stehen blieben .. . Solche nachdenkliche unsicherheit aufzuheben, der stende und untertonen gemüter widerumb in rage und vertrauen gegen einander zu stellen, die Teutsch nation, unser geliebt vatterland vor endlicher zertrennung und undergang zu verhütten, haben wir uns mit ... churfürsten ... fürsten und stenden . . . und sie hinwider sich mit uns vereinigt und verglichen.
[Religionsfriedensformel]
[§ 15] Und damit sölcher fried auch der spaltigen religion halben, wie aus hievor vermelten und angezogenen ursachen die hohe notturft des heiligen reichs Teutscher nation erfordert, desto bestendiger zwischen der Röm. Kei. Mai., uns, auch churfürsten, fürsten und stenden des heil. reichs Teutscher nation angestelt, aufgericht und erhalten werden möchte, so sollen die Kei. Mai., wir, auch churfürsten, fürsten und stende des heil. reichs keinen stand des reichs von wegen der Augspurgischen confession und derselbigen lehr, religion und glaubens halb mit der tat gewaltiger weiß uberziehen, beschedigen, vergewaltigen oder in andere wege wider sein conscienz, gewissen und willen von diser Augspurgischen confessions religion, glauben, kirchengebreuchen, ordnungen und ceremonien, so sie aufgericht oder nochmals aufrichten möchten in iren fürstentumben, landen und herschaften, tringen oder durch mandat oder in einiger anderer gestalt beschwären oder verachten, sonder bei sölcher religion, glauben, kirchengebreuchen, ordnungen und ceremonien, auch iren haabgütern, liegend und farend, land, leuten, herrschaften, obrigkeiten, herrlicheiten und gerechtigkeiten rüglich und friedlich bleiben lassen, und soll die streitig religion nicht anderst, dann durch christliche freundliche, friedliche mittel und wege zu einhelligem, christlichem verstand und vergleichung gepracht werden, alles bei Kei. und Kö. würden, fürstlichen ehren, waren worten und peen des lantfriedens .. .
[In § 16 übernehmen die Stände Augsburgischer Konfession die gleiche Verpflichtung gegenüber den Katholiken.]
[Ausschluss Andersgläubiger]
[§ 17] Doch sollen allen andere, so obgemelten bede religionen nit anhängig, in diesem frieden nit gemeint, sondern genzlich ausgeschlossen sein.
[Jus emigrandi]
[§ 24] Wo aber unsere, auch der churfürsten, fürsten und stende undertonen, der alten religion oder Augspurgischen confession anhengig, von sölcher irer religion wegen aus unsern, auch der churfürsten, fürsten und stende des heil. reichs landen, fürstentumben, stetten oder flecken mit iren weib und kindern an andere ort ziehen und sich nider tun wölten, denen sol solcher ab- und zuzug, auch verkaufung irer haab und güter gegen zimblichen billichen abtrag der leibaigenschaft und nachsteuer, wie es jedes orts von alters anhero ublichen, herpracht und gehalten worden ist, unverhindert meniglichs zugelassen und bewilligt, auch an iren ehrn und pflichten allerding unentgolten sein, doch sol den obrigkeiten an iren gerechtigkeiten und herkommen der leibeigenen halben, dieselbigen ledig zu zelen oder nit, hirdurch nichts abgeprochen oder benomen seine.
[Religionsvergleichung]
[§ 25] Und nachdem ein vergleichung der religion und glaubenssachen durch zimbliche und gepürliche wege gesucht werden solle, und aber one bestendigen frieden zu christlicher freuntlicher vergleichung der religion nit wol zu kommen, so haben wir, auch der churfürsten rete, anstat der churfürsten, erscheinende fürsten, stende und der abwesenden potschaften und gesandten, geistlich und weltlich, disen friedstand von geliebts friedens wegen, das hochschädlich mißvertrawen im reich aufzuheben, diese löbliche nation vor endlichem vorsteendem undergang zu verhütten, und damit man desto ehe zu christlicher freuntlicher und endlicher vergleichung der spaltigen religion kommen möge, bewilligt, sölchen frieden in allen obgeschriebnen articuln, biß zu christlicher freundlicher und endlicher vergleichung der religion und glaubenssachen stet, vest und unverprüchlich zu halten, und demselbigen treulich nachzukommen.
Wo dan solche vergleichung durch die wege des generalconciliums, nationalversamblung, colloquien oder reichshandlungen nit erfolgen würde, sol alsdann nichts destoweniger diser friedstand in allen oberzelten puncten und articuln bei kreften biß zu endlicher vergleichung der religion und glaubenssachen bestehn und pleiben; und sol also hiemit obberürter gestalt und sonst in alle wege ein bestendiger beharlicher unbedingter, für und für, ewig werender fried aufgericht und beschlossen sein und pleiben.
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Geschichte in Quellen, Bd. III. Renaissance, Glaubenskämpfe, Absolutismus, München 1966, S. 204ff., Dok. 90.
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