Landgraf Philipp von Hessen an Herzog Christian III. von Schleswig und Holstein - Rat für die Durchführung der Reformation in Holstein, 21. Mai 1533
In Beantwortung des Schreibens vom 9. Mai wollen wir E. L. nicht verhalten, wie wir es nach verkundung des evangelii in unserm furstentumb gehalten. Wir haben ein furstentumb vom heiligen reich, das unser erb ist, darinne niemands von unsern undertonen zu regieren, zu setzen oder zu entsetzen hat, sondern alle administration steet von gots gnaden frei in unser hand und darf ein regirender furst niemands von not wegen fragen, was er tun solle, allein das er us erbarkeit und notturft, dweil der gescheft vil seind, etliche, die er wil und im gefallen, zu rat und seinen gescheften gebraucht., auch sonst die undertanen bei iren rechten und gerechtigkeiten zu lassen schuldig ist, alsdan unser eltern gnediglich getan haben und wir nach zu tun gedenken. Da nun das evangelion ein zeit lang verkündigt und der gemein man des inhalts berichtet war, haben wir nicht von stund an die kloster, stifte oder, dergleichen eingenomen, sonder vor den klostern und stiften rechtschaffene prediger zugesandt. Da sie nu so vil berichtes befunden, das sie selbstwilliglich abgestanden und sich in andere leben begeben, haben wir den personen us den clostergudtern ir leben lang versehung getan und von dem uberigen ein hohe schule zu Martpurgk mit grossem costen ufgericht und bis nach erhalten, und darzu anderthalb hundert benefitia, die nicht pfarren sein, verordent, zu dem gebrauch, das man davon anderthalb hundert Studenten zu Martpurg halten sol und solliche underhaltung angeen, alspalt dieselben benefitia ledig werden, dero aan auch gereit etwo vil ledig worden. Darzu haben wir zwei kloster zu spitalen armer leut, man und frauen, so man us den dorfern unsers furstentumbs nemen sol und nicht us stedten, dieweil die stedt gemeinlich ir eigen spital und besser Vorsehung dan die dorfer haben, gestiftet und verordent. In denselben beiden spitaln wirdet man auch uf anderthalb hundert person erhalten mögen. Darüber haben wir zwei gute closter in hande des adels gegeben mit aller nutzung, also das sie die selbst bestellen und brauchen mugen und davon jars etliche erbare arme edeljungfrauen, die von iren eitern villicht so vil nicht haben, das sie irem stand nach bestat werden mögen, beratten und ussetzen sollen. Das uberig [haben wir] zu beschirmung des evangelii, wie E. L. wissen, das es bei uns vil anfechtung gehapt, brauchen müssen, damit unsern undertan so vil minder beschwerung ufgelegt werden dorfte. Und wo wir vermerkt, das die alten vom adel guter an kloster dermassen gegeben und des reversal entpfangen haben, als wir der vil funden, so die mess und begengnusa) nicht gehalten wurden, das ine und iren erben alsdan ir gudter widder volgen solten, so haben wir den erben solliche guter auch widderumb zusteen lassen und in ir gewissen gestelt, dieselben wol anzulegen. Wir haben auch zu zeiten einen zehenden, hoif oder stuck guts uf 1000, 1500 oder 2000 fl. werdt faren lassen, dem evangelio und den sachen zu gudten, gegen denjenen die es umb uns und das furstentumb gemeinlich verdienen mochten. Und disser ordenung sein, gotte lob, unser edeln und landschaft wol zufridden gewesen.
Dem Herzog rät der Landgraf auf dem bevorstehenden Landtag eine Disputation über die Zeremonien zu vermeiden und die Privilegien zu bestätigen. Er möge die Sachen zunächst schleifen lassen bis zu bequemer Zeit und versuchen, die Vornehmsten des Adels an sich zu ziehen. Würde das Evangelium ein-dringen und etliche aus den Klöstern austreten, soll man sie versehen und die Klöster zum Nutzen des Fürstentums mit Rat der Landschaft verwenden. Etliche Klöster kann man zu Schulen, andere zum Unterhalt adliger Jungfrauen, weitere zu Spitälern verordnen oder das arme kinder bis zu zimblichen alter darus gezogen und underwiesen werden und sonderlich weibsperson und das sie sich darus mochten verheiraten. Item E. L. mocht auch furschlagen, das man von dem uberigen etliche reisigen vom adel, so notturftig und zu dienen geschickt weren, erhalten mocht, E. L. und dem furstentumb zu dienen, strassen zu versehen und ander notturft auszurichten. Und also mochten E. L. bedenkens den heusern fürstender und pre-laten, so christlich leben furten und zu ehren des furstentumbs dieneten, an der itzigen stede gesatzt werden, doch in alwege den itzigen prelaten unverletzlich, sie nemen das wort an ader nicht an iren habenden eren und gudtern ir leben lang. Außerdem rät der Landgraf etliche Stipendien zu verordnen. Der Herzog könne sich unter Hinweis auf den Speyerer und Nürnberger Reichstag darauf berufen, dass man Gott mehr gehorchen müsse als dem Kaiser. Mahnung, es nicht zum Bruch mit den Ständen kommen zu lassen und notfalls zuzuwarten. Es ist jedenfalls besser, dass er regiert, als ein Papist. Der Herzog soll die Bündnisse mit den Nachbarn wahren. Auch der Landgraf verspricht Hilfe. Cassel, den 21. may anno 33.
Abdruck: Franz, Günter, Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte. 1525-1547 (Bd. II). Marburg 1954, 175-177.
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