Testament des Landgrafen Philipp, 25. Februar 1536
Im namen des vatters unnd unsers lieben herren Hiesu Cristi, unsers erlosers und seligmachers amen. Kunth unnd offenbar sey allermenniglichenn, denen dißer unser letzter will furkompt, das wir, Philips, landgrave zu Hessen, grave zu Catzenelnpogenn etc., bedacht haben unser mentschliche sterbliche natur, das nichts gewissers ist dan der toidt und nichts ungewissers dan die stunde des todts. Und darumb, damit wir ane testament oder codicill, vetterliche Ordnung oder letzten willen nicht abgehen mochten, so haben wir gedacht, unser testament, codicill oder vetterlichen und letzten willen zu machen. [...]
Unnd nochdem der almechtig Got uns mit einem furstenthumb und etlichenn graveschaftenn begabt hat, so wollen wir allen und yeden unsem underthanen, lehenleuthen und verwanten auf ire eide und pflicht ernstlich und in craft dißes unsers letzten willen befolhen haben, das sie dießen unsem letzten willen getrewlich handthaben unnd dawidder nicht thun in keinen wegk, inmassen wir uns des alßo zu inen verstehen wollen. [...]
[Religion]
Unnd dieweill wir die ehere Gottes zu furdem schuldig unnd gneigt sein, so dancken wir Got, das sein gotliche gnade in dem uns erschienen, das das evangelion bey unsem zeiten widderumb herfurgeprochenn und aufgangen ist. Und wollen derwegen die gesatzten furmonder, unsere liebe kinder, landt und leuthe, desgleichen gemeine unsere landtschaft bey iren pflichtenn unnd gewissen ermanet, erfordert unnd beschwert haben, das sie das evangelium in unserm furstenthumb und gepieten, inmassen wir das bißher, sovil muglich gewesenn, gefurdert haben, sovil auch inen als mentschen muglich ist, getrewlich mit cristlichem hertzen und gewissen handthaben unnd furdem, als lieb inen Got und irer seelen heyll sey, und nicht zweiffelnn, Got der almechtig werde sie dabey gnediglich handthaben. Wo sie aber dorin farlessig handelten, so wurden sie darumb redde und antwort dem grossen ernsten richter geben mußen.
Sie wollen auch allesampt und sonderlich doran sein, das die sect des widdertaufs unnd andere beschwerliche bose secten, die dem evangelio zuwidder und ufrur im rukken tragen, in unserm furstenthumb nicht einreiße, sondern allein das rhein evangelium gepredigt und gehandthapt werde. Es ist auch unser will und meynung, das niemants am leben umb keinerley sachenn willen, den glauben betreffend, gestraft werden soll, es' sey dan, das einer ufrur oder plutvergießen erwecke.
Unnd obwoll etzlich prediger in unserm furstenthumb funden wurden, die von dem sacrament des altars mit den ändern gemeinlich in worten sich nit verglichenn und doch in dem verstände, nemlich das in dem nachtmal der wäre leib unnd plut unsers heylandts Hiesu Christi warhaftig entpfangenn werde, mit eynig sein unnd alßo leren unnd bekennen wurden, so sollen dieselbigen weither nit belestigt, auch auß unserm furstenthumb unnd landenn nit verjagt werden. '
[Universität und Stiftungen]
Wir wollenn und ordnen auch, das unsere gesatzte Vormunde, auch gemeine landtschaft, so wir verlassen werdenn, nach ir yedes befelh unnd vermogenn, das sie von Got und uns entpfangenn haben, mit allem vleis doran sein, das unsere schule, so wir zu Margpurg der jugent unsers furstenthumbs zu gute und zu nutz habenn aufgerichtet, desgleichen die spittall, [die wir] zu Hayne, Merxhausen, Kauffungenn, Wetter unnd allenthalben in und außerhalb unsem stedten unnd schlossenn verordent oder widderumb aufgericht haben, desgleichen die gemeynen casten unverruckt pleiben unnd getrewlich gehandthapt werden und sich ein yeder dorin erzeige, als er will vor dem hohen richter, unsem hem Hiesu Christo, darumb antwort geben. Das auch die mitfurmonder unnd regirer ye zu Zeiten des jars einmall von sollichen Vorstehern der genenten zu Margpurg1? universitet unnd spittal zu Kauffungen, Wetter, Hayne und Merxhausen unnd sonst ändern spittalen rechnung zu hören statlich verordnen und einsehens thun, das dieselbigen in gutem wesen gehalten unnd kein eigner nutz gesucht, sonder dermassenn, wye die fundirt, gehaltenn und gehandthabt werden, auch bey iren pflichten wie obgemelt.
Unnd dieweil wir in denen dingen unsem diener Heintzen von Luther trew unnd aufrichtig finden, so befelhen wir unsem gesalzten mitvormundem unnd ime, das sie inen doran pleiben lassen und er auch sich nit beschweren wolle, sein leben lang die sorge als ein oberster spittalmeister zu tragen und dorin nach seinem gewissen zum besten handeln. Und sali ime Johan Walter zu Treisa zugegebenn werden. Und ob Heintz von Luther mit tode abegienge, so sali Ciriax, zu Hersfelt unser itzig schultheis, dartzu gepraucht werdenn. So befelhen wir doctor Johan Eyserman als einem glidmaß der universitet zu Margpurg, das derselb auch sein leben lang die sorge desselbigen unsers studiumbs treulich unnd vleissig trage, inmassen die bißher Johan Feigh, unser cantzier, getragen hat. Unnd so der einer abegehen, sollen unsere gesatztenn Vormunde alwege andere gotfurchtige fromme und verstendige personen an die stadt verordnen, damit die obgemelte dinge alßo in wesen pleiben, gemeret und gebessert werdenn.
Und wiewoll wir gentzlich willens gewesen sein, ein bestimpt einkhommen für unser Studium zu Margpurg, damit dasselb furo und für bestendig pleiben möge, zu verordnen, so haben doch sollichs die manichfeltigkeit unsers schwerenn anligens bis hieher verhindert. Und darumb wollen wir unsem gesatzten vormondem bey irem gewissen befolhen haben, das sie sollichs nachmals, sobalt es ymmer möglich ist, so fer wir es bey unserm leben nicht bestendig gemacht hetten, verordnen und bestendig machen. [...]
[Änderungsvorbehalt]
Wir wollen uns auch hiemit Vorbehalten haben, dißen unsem letzten willen zu yeder zeit nach unserer gelegenheit und gefallen zu endem, abezuschaffen, zu meren oder zu mindern. Unnd sonderlich so ordnen, setzen und wollen wir, ob nach unserm totlichen abegang einich codicill, brief, zettel oder dergleichen schriftlich urkunde, mit unser eigen handt geschrieben oder underschrieben, dorin wir etwas ordnen oder schaffen oder verschaffen werden, befunden werd, das sollich codicil, brief, zettel oder dergleichen schriftlich urkund in alwege durch die geordenthe Vormunde, mitvormonde und unser erben stedte und veste gehalten und volnzogen werden soll, in allermaßen als ob sie in dißem unserm testament von worten zu Worten inserirt und verleibt weren. [...]
Des zu urkunde haben wir, landgrave Philips, unser groß insiegel wissentlich hieran thun hencken. Geben und gescheen am dienstage nach Valentini, der do wäre den funfundzwantzigsten februarii anno tausentfunfhundertdreissigsechs.
Transkription: Hollenberg, Günter, Hessische Landtagsabschiede 1526-1603, Marburg 1994, 105-116.
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