Luther, Ratsherrenschrift 1524
"Der Deutschen Geschichte und Sprüche weiß niemand"
"Da ich jung war, fuhret man in der Schulen ein Sprichwort: Non minus est negligere scholarem, quam corrumpere virginem. Nicht geringer ist es, einen Schuler versäumen denn eine Jungfrau schwächen. Das sagt man darum, daß man die Schulmeister erschrecket, denn man wißte dazumal kein schwerer Sunde, denn Jungfrauen schänden. Aber, lieber Herr Gott, wie gar viel geringer ist's, Jungfrau oder Weiber schänden (wilchs doch als ein leibliche erkannte Sunde mag gebüßet werden) gegen dieser, da die edlen Seelen verlassen und geschändet werden, da soliche Sunde auch' nicht geachtet noch erkennet und nimmer gebüßet wird? 0 wehe der Welt, immer und ewiglich. Da werden täglich Kinder geborn und wachsen bei uns daher und ist leider niemand, der sich des armen jungen Volks annehme und regiere, da läßt man's gehen, wie es gehet. Die Klöster und Stifte sollten's tun, so sind sie eben die, von denen Christus sagt: Wehe der Welt um der Ärgernisse willen, wer dieser jungen einen ärgert, die an mich gläuben, dem wäre es besser, einen Mühlstein an den Hals gehängt und ins Meer gesenkt, da es am tiefesten ist. Es sind nür Kinderfresser und Verderber."
[Textauszug]
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