Thomas Müntzer an den Grafen Ernst von Mansfeld, Frankenhausen, 12. Mai 1525 (als offener Brief veröffentlicht)
Die starke Kraft, feste Furcht Gottes und der beständige Grund seines gerechten Willens sei mit dir, Bruder Ernst!
Ich, Thomas Müntzer, einst Pfarrer zu Allstedt, vermahne dich zum überflüssigen Anregen, dass du um des lebendigen Gottes Namen willen deines tyrannischen Wütens wolltest müßig sein und nicht länger den Grimm Gottes über dich erbittern. Du hast die Christen angefangen zu martern; du hast den heiligen Christenglauben eine Büberei gescholten; du hast dich unterstanden, die Christen zu vertilgen.
Sag an, du elender, dürftiger Madensack, wer hat dich zu einem Fürsten des Volks gemacht, welches Gott mit seinem teuren Blut erworben hat? Du mußt und sollst beweisen, ob du ein Christ bist; du sollst und mußt über deinen Glauben Rechenschaft ablegen, wie 1. Petr. 3 befohlen. Du sollst in wahrhaftiger Wahrheit gutes sicheres Geleit haben, deinen Glauben an den Tag zu bringen. Das hat dir eine ganze Gemeinde im Ring zugesagt, und sollst dich auch entschuldigen deiner offenbarlichen Tyrannei [wegen], auch ansagen, wer dich so durstig gemacht hat, dass du unter dem christlichen Namen allein Christen ein solcher heidnischer Bösewicht sein willst. Wirst du ausbleiben und [der] dir auferlegten Sache nicht entledigen, so will ichs ausschreien vor aller Welt, daß alle Brüder ihr Blut getrost wagen sollen wie einst gegen den Türken. Da sollst du verfolgt und ausgerottet werden; denn es wird ein jeder viel emsiger sein, an dir Ablass zu verdienen als vorzeiten der Papist. Wir wissen nichts anders [von] dir zu bekommen. Es will keine Scham in dich, Gott hat dich verstockt wie den König Pharao, auch wie die Könige, welche Gott vertilgen wollte, Jos. 5 und 11. Gott sei es immer geklagt, dass die Welt deine grobe, büffelwütende Tyrannei nicht eher erkannt hat. Wie hast du doch solchen merklichen, unerstattlichen Schaden getan, wie mag sich [jemand] anders denn Gott selber über dich erbarmen? Kurzum, du bist durch Gottes kräftige Gewalt der Verderbung überantwortet. Wirst du dich nicht demütigen vor den Kleinen, so wird dir eine ewige Schande vor der ganzen Christenheit auf den Hals fallen und wirst des Teufels Märtyrer werden.
Dass du auch wissest, dass wir gestrackten Befehl haben, sage ich: Der ewige lebendige Gott hats geheißen, dich von dem Stuhl mit [der] Gewalt, [die] uns gegeben, zu stoßen; denn du bist der Christenheit nicht nütze, du bist ein schädlicher Staubbesen der Freunde Gottes. Gott hat von dir und von deinesgleichen gesagt Hes. am 34. und am 39., Dan.7, Micha 3. Obadia, der Prophet sagt, dein Nest muss zerrissen und zerschmettert werden.
Wir wollen deine Antwort noch heute nacht haben oder dich im Namen Gottes der Scharen heimsuchen; da wisse dich nach zu richten. Wir werden [...] tun, was uns Gott befohlen hat; tu auch dein Bestes. Ich fahr daher.
Gegeben zu Frankenhausen, freitags nach Jubilate im Jahr des Herrn 1525.
Thomas Müntzer mit dem Schwert Gideons.
Thomas Müntzer. Schriften und Briefe, hg. v. G. Wehr, Frankfurt 1973, S. 182
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.