15. Regensburg 1541: Letzte Chance eines europäischen Religionsausgleichs?
Tafel 15: Letzte Chance des europäischen Religionsausgleichs?
Zu Beginn der 1540er Jahre scheint es für einen kurzen Moment so, als eröffne sich eine letzte Chance zur Überwindung der konfessionellen Spaltung in Deutschland und Europa: Auf dem Regensburger Reichstag 1541 unternimmt Kaiser Karl V. noch einmal einen ernsthaften Versuch, einen friedlichen Ausgleich zwischen den katholischen und protestantischen Reichsständen zu erreichen und die zerbrochene Glaubenseinheit wiederherzustellen. In Vorbereitung seines ehrgeizigen Vorhabens haben ausgewählte Theologen beider Seiten im sogenannten Regensburger Buch grundlegende Lehrsätze aufgestellt, die dann auf dem Reichstag verhandelt und verabschiedet werden sollen. Wichtigster Verbündeter von Karl V. aus dem Lager der Protestanten und politische Schlüsselfigur in Regensburg ist Philipp von Hessen: In den Beziehungen des Landgrafen zu den Habsburgern hat sich nach 1534 (Rückeroberung Württembergs und Frieden von Kaaden) eine allmähliche Annäherung ergeben, und bereits 1535 kommt es zu einem ersten, dann aber nicht in Kraft getreten Bündnisvertragsentwurf.
Im Bemühen um einen umfassenden Religionsausgleich 1540/41 treffen sich die Motivationen von Kaiser und Landgraf, der sich auch in den theologischen Disput mit bemerkenswertem persönlichen Engagement einschaltet. In ganz wesentlichen Punkten wie der Rechtfertigungslehre wird eine Einigung oder zumindest Annäherung gefunden. -Gleichwohl zeigt sich, dass aufgrund der Verkoppelung von theologischen Fragen mit politischen Interessen ein umfassender friedlicher Religionsausgleich im Reich inzwischen nicht mehr erreichbar erscheint. Immerhin kann Karl V. den hessischen Landgrafen im Regensburger Geheimvertrag (Juni 1541) auf eine Unterstützung der habsburgischen Politik verpflichten - und zwar nicht nur mit Blick darauf, die Wiederherstellung der Glaubenseinheit in Deutschland jetzt und künftiglich zu fördern. Im Gegenzug erhält Philipp in einem von Karl V. unterzeichneten kaiserlichen Diplom die lange ersehnte reichsrechtliche Anerkennung seiner protestantischen Universität zu Marburg.
Dem hessisch-habsburgischen Abkommen von 1541 ist jedoch keine allzu lange Wirksamkeit beschieden: Nachdem die Protestanten eine Teilnahme an dem Konzil von Trient (1545-1563) abgelehnt haben und die Schmalkaldener unter Bruch der Reichsverfassung in Braunschweig-Wolffenbüttel eingefallen sind und Herzog Heinrich gefangen genommen haben, sucht Karl V. nun die militärische Entscheidung. In der Schlacht bei Mühlberg am 24. April 1547 erleidet der Schmalkaldische Bund eine vernichtende Niederlage, und seine beiden Hauptleute, Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen, geraten in langjährige Gefangenschaft des Kaisers.
Der Versuch Karls V., seinen großen Sieg zur Wiederherstellung der Kircheneinheit im Reich zu nutzen, bleibt jedoch am Schluss erfolglos: Im Augsburger Interim von 1548 strebt Karl V. eine Zwischenregelung in der Religionsfrage an, die bis zur Beendigung des Trienter Konzils gelten soll: Den Protestanten wird der Laienkelch und die Priesterehe zugestanden, ansonsten aber der tradierte katholische Ritus (Beibehaltung der Messe, Heiligenverehrung und Sakramentslehre) verpflichtend gemacht. Das Interim wird sowohl von katholischer als auch protestantischer Seite abgelehnt und bleibt ohne nachhaltige praktische Auswirkung, bevor es nach dem Fürstenaufstand gegen Karl V. im Passauer Vertrag 1552 außer Kraft gesetzt wird. Philipp von Hessen und Johann Friedrich von Sachsen kommen wieder frei - und ein unbefristeter Religionsfrieden soll auf dem kommenden Reichstag (Augsburg 1555) verhandelt werden.
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