8. Luther und Thomas Müntzer
Tafel 8: Luther und Thomas Müntzer
Zu Beginn der Reformation treffen verschiedene Stimmungslagen zusammen: Die apokalyptische Erwartung, die die Zeit um 1500 geprägt hat, weicht einer allgemeinen Sehnsucht nach Reform sowohl der kirchlichen wie der weltlichen Obrigkeit. Die Verbreitung der Heiligen Schrift in deutscher Sprache ermöglicht weiten Teilen der Bevölkerung, deren Aussagen kennenzulernen und diese für die Durchsetzung ihrer Interessen nutzbar zu machen. Die Erkenntnis der Kluft zwischen biblischer Aussage und Lebenswirklichkeit führt zu tiefgreifender sozialer Unruhe. Schon früh fragmentiert sich der engere Kreis um Luther, aus verschiedenen Richtungen wird seine Rechtfertigungslehre in Frage gestellt. Andreas Karlstadt und Kaspar Schwenkfeld vertreten spiritualistische Tendenzen, die Idee der Spättaufe greift um sich, Thomas Müntzer belebt hussitische Gedanken der Gleichheit aller Gläubigen ohne Obrigkeit.
Höhepunkt dieser Spannungen ist 1525 der allgemeine Aufruhr gegen die Obrigkeit, der sogenannte Bauernkrieg. Die Forderungen bzw. Beschwerden der Bauern sind in „12 Artikeln“ der Bauern festgehalten (Abschaffung der Leibeigenschaft und der adeligen Privilegien , allgemeines Jagdrecht, gerechter Zehnt, freie Wahl des Pfarrers). Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann? lautet eines der bekanntesten Lieder. Die sozialen Forderungen der Bauern werden für die Reformatoren zur Trennlinie hinsichtlich obrigkeitlicher Loyalität.
Luther, um die Erfolge „seiner“ Reformation fürchtend, behauptet die Obrigkeit sei gottgewollt, weil von Gott eingesetzt. Thomas Müntzer wird zu Luthers entschiedenstem Gegenspieler, indem er der weltlichen Obrigkeit jegliche Legitimation aus der Bibel abspricht und konsequent die Führerschaft des Bauernheers übernimmt. Führer des überkonfessionellen Adelsheeres ist Georg Truchseß von Waldburg, auch Landgraf Philipp schickt Truppen. Die von der Reformation ausgelöste politisch-soziale Massenbewegung wird mit unerhörter Grausamkeit am 15. Mai bei Frankenhausen niedergeschlagen, Müntzer gevierteilt. Dieses Wüten der Sieger ist von Luther legitimiert: denn er hat mit seiner Schrift Wider die räuberischen Rotten der Bauern (1525) zum allgemeinen Mord und Totschlag gegen die gottlosen Aufrührer aufgerufen: Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss
Die Abweichler aus dem Wittenberger Kreis um Luther, aber auch Tendenzen innerhalb der oberdeutschen Reformation befördern di frühe „Sekten“-Bildung im Protestantismus, seien es die verschiedenen Gruppen der Wiedertäufer, 1534/35 wird Beispielweise in Münster das Reich Zion errichtet, seien es die spiritualistischen-millenaristischen Bewegungen, die letztendlich den Grundstock der evangelikalen Kirchen bilden.
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