Die unmittelbare Leitung einer Strafanstalt lag in den Händen eines Inspektors, in preußischer Zeit Direktor genannt, dem je nach Anstaltsgröße eine unterschiedliche Zahl von Mitarbeitern unterstand. Nach dem kurhessischen Anforderungskatalog sollte der Inspektor ein „gebildeter Mann von gesezten Jahren, unbescholtenen Rufs, moralisch sittlichen, aber auch ruhigen, festen Charakters“ sein. Darüber hinaus sollte er die „nötige Menschenkenntnis“ mit der „Liebe zum Geschäft“ verbinden und „im Schreiben und Rechnen erfahren und geübt seyn“.
Transskription:
Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnisse, welche bei dem anzustellenden Individuum vorhanden sein müssen:
a) Inspektor
Der Inspektor oder der erste Beamte einer Strafanstalt soll ein gebildeter Mann von gesezten Jahren, unbescholtenen Rufs, moralisch sittlichen aber auch ruhigem festen Charakters seyn und die nötige Menschenkenntnis besitzen; er soll im Schreiben und Rechnen erfahren und geübt seyn und wenn ihm die Handhabung der Polizei übertragen wird, Strenge mit Milde zu verbinden wissen und stets mit der größten Unpartheilichkeit handeln, und da ihm in der Regel die Anschaffung aller Bedürfnisse der Anstalt obliegt [gestrichen: welche bei der Anstalt nötig sind], so soll er von den dazu erforderlichen Materialien oder Viktualien Kenntnisse besitzen; [gestrichen: oder sie sich zu erwerben suchen]; auch soll er die Gabe haben, sich das Zutrauen des Sträflings zu erwerben. Verbindet das als Inspektor anzustellende Individuum mit diesen Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnissen Liebe zum Geschäft und ist ihm daran gelegen, daß sich der Sträfling unter seiner Verwaltung bessere, dann wird er allen und jeden Verpflichtungen [gestrichen: können] entsprechen können, [gestrichen: die] welche er übernommen hat; und die mit seiner Stellung verbunden sind.
Angabe der Gründe der aufgestellten Erfordernisse:
Der Inspektor oder erste Beamte einer Strafanstalt soll darum ein gebildeter Mann von gesezten Jahren, moralisch sittlichen Charakters und unbescholtenen Rufs seyn, damit sein Beyspiel, seine Warnungen und Ermahnungen den Sträfling auf sein bisher geführtes unordentliches Leben aufmerksam machen, ihn lehren und einsehen lernen, daß nur ein moralisch sittlicher arbeitssamer und nüchterner Lebenswandel zum Heile führt, ein mäßiges Einkommen erlangen läßt und zu bescheidenen Glücksumständen führen könne; und er soll oft Gelegenheit nehmen, dem Sträfling zuzurufen: Ehre Vater und Mutter, bete und arbeite, damit es dir wohlgehe auf Erden.
Er soll Menschenkenntnis und die Gabe besitzen, sich das Zutrauen des Sträflings zu erwerben, damit er denselben nach seinen Eigenthümlichkeiten, seiner Denkungsart und der Art und Weise seiner Vergehungen zu schätzen, zu belehren und zurecht zu weisen verstehe und dadurch auf die Besserung desselben zu wirken imstande ist. [...]
Art und Weise der bisherigen Ermittelung der Requisete:
Bei den bei dem hiesigen Zwangsarbeitshause und dem weiblichen Zuchthause angestellten Beamten ist bei ihrer Anstellung ein besonderes Examen nicht vorhergegangen. Die Eigenschaften, Fähigkeiten und Kenntnisse, welche der dermalige Inspektor des Zwangsarbeitshauses Casselmann über Strafanstalten besizt, hat er sich durch einen vierjährigen Aufenthalt in der Preußischen Arbeitsanstalt zu Brauweiler erworben, und sie seit seiner 17jährigen Anstellung bei der hiesigen Zwangsanstalt mehr und mehr zu erweitern gesucht.
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