Die "Marburger Festspiele" hatten 1927 auf dem Platz vor der Marienkirche mit einem Reformationsfestspiel zur Erinnerung an die 400 Jahre zurückliegende Einführung der Reformation und die Gründung der Universität begonnen. Der Auszug aus der Versammlung des Verkehrausschusses vom 14. Oktober 1927 zeigt die Wirkung der Spiele für die Stadt.
Auszug aus dem Beschlussprotokoll des Verkehrsausschusses vom 14. Oktober 1927, Nr. 4 B.P.
4. Oberbürgermeister Mueller trägt vor, dass mit Rücksicht auf den ungeahnten Erfolg der diesjährigen Reformationsfestspiele wohl der Frage alljährlicher Aufführung von Festspielen näher zu treten sei. Die Spiele würden zweckmässiger Weise im Monat August stattzufinden haben, weil dann in Marburg sonst verhältnismässig wenig Leben ist. Dr Budde habe unzweifelhaft Geschick bewiesen und trage sich mit grossen Plänen. So gedenkt er im nächsten Jahre ein von ihm und Frl. Pfeffer noch zu verfassendes Elisabethspiel, in 1929 ein historisches Heimatspiel, in 1930 "Jedermann", in 1931 ein weiteres Elisabethspiel aufzuführen. Konfessionelle Gegensätze sollen bei den Aufführungen gänzlich vermieden werden. Die vorbezeichneten Stücke sollen Hauptanziehungs- und Mittelpunkt darstellen. Nebenbei sollen andere Stücke gegeben werden, z.B. im nächsten Jahre "Demetrius" von Schiller und ein Shakespeare'sches Stück.
In Beziehung auf die Finanzierung der Festspiele sei zu prüfen, ob die Stadt allein die Trägerin zu sein hat, oder ob die Unterstützung der Provinz anzurufen ist, dergestalt, dass die Spiele als "Hessische Heimatspiele" unter dem Protektorat des Landeshauptmanns stattfinden.
Der gegebene Platz für die Aufführungen sei der von dem Staate erworbene im Stadtpark. [...] Es wäre auf der nach dem Schloß zu befindlichen Seite an der dort vorhandenen Mauer die Hauptbühne zu errichten. Die entgegengesetzte Seite gebe den Zuschauer-Raum, der in amphitheatralischer Weise mit etwa 2000 Sitzplätzen zu versehen sei. [...] So werde ein Freilichttheater mit dem Schloß im Hintergrund geschaffen, wie es wohl kaum eine andere Stadt aufzuweisen habe. [...]
Die Frage des Geheimrats Elster, ob es nicht besser wäre, gegebenenfalls den neuen Univ. Rector Prof. von Soden für die Auswahl des nächstjährigen Stückes heranzuziehen, wurde bejaht.
NB. Bürgermeister Müller regt an, auf dem Festplatz beim Justizierhäuschen im Stadtgarten alljährlichBegl.
gez. Mueller
1. gelegentlich der Sonnenwendfeier der Studentenschaft abends einen allgemeinen Kommers abzuhalten,
2. am darauffolgenden Sonntag einen "Hessentag" zu veranstalten.
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