In der Strafanstalt Wehlheiden bestand kein Schulzwang. Grundsätzlich sollten zwar alle Gefangenen Gelegenheit zum Schulbesuch haben, faktisch stellte die Teilnahme am Unterricht jedoch eine besondere Vergünstigung dar. Die Gestaltung des Unterrichts regelte eine Schulordnung. Danach wurden die Häftlinge nach dem Stand ihrer jeweiligen Vorkenntnisse in drei Stufen eingeteilt. In der Vorbereitungsstufe für Gefangene ohne Volksschulabschluss wurden in sechs Stunden pro Woche Sachunterricht sowie Elementarkenntnisse im Schreiben und Rechnen vermittelt. Der auf vier Stunden pro Woche veranschlagte Unterricht in der Hauptstufe für Gefangene mit Volksschulabschluss lehnte sich eng an den Lehrplan der Berufs- und Fortbildungsschulen an. Die Sonderstufe war besonders befähigten Gefangenen bei guter Führung vorbehalten. In zwei Wochenstunden wurde den Häftlingen dieser Kategorie im Sommer Unterricht in Obst- und Gartenbau sowie Bienenzucht, im Winter in „Handfertigkeit“, Buchführung, Kurzschrift oder Fremdsprachen erteilt. Darüber hinaus waren auf jeder Stufe je eine Wochenstunde Leibesübungen und fünf Wochenstunden Religionsunterricht vorgesehen. Stimmbegabte Schüler aller Stufen übten in zwei Wochenstunden mehrstimmigen Chorgesang. Im Schuljahr 1925/26 besuchten von den insgesamt 500 Gefangenen der Strafanstalt Kassel-Wehlheiden nur 176 Häftlinge den Unterricht.
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