Am 12. Mai 1629 traf beim Gerichtsschreiber ein Brief von Anna Hoffmann, die in der Wettergasse eine Mädchenschule unterhielt, ein. In diesem berichtete sie, dass Gertrud Briel aus der Ketzerbach gegenüber anderen Kindern behauptet habe, wenn sie ein Messer in die Wand werfe, komme Milch aus der Wand heraus. Bei der Untersuchung wurden weitere Kinder gehört, so etwa der 10-jährige Wolf Heinrich Müller, der im Kilian in die deutsche Schule ging. Er war der Meinung, Gertrud könne es regnen lassen, hatte die Aussage aber nicht von ihr selbst, sondern von anderen Kindern gehört. Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt, der das Hessen-Marburger Erbe besetzt hielt, verordnete aufgrund des jungen Alters von Gertrud, dass diese von der Mutter mehr zum Haushalten und Beten anzuregen sei, und stattdessen die Großmutter und die Mutter zu verhören. Tatsächlich wurden alle drei im Juli verhört, aber die Aussagen von Gertrud waren nicht zu verstehen, da sie nur geweint und geheult hatte. Die Mutter hingegen wusste nichts von den Vorwürfen und versprach, die Tochter im »Catechismo« und den Psaltern unterrichten zu wollen. Die belegte Schulpflicht der Marburger Kinder im 17. Jahrhundert ist ein alltags geschichtlich interessantes Nebenprodukt dieser Untersuchung. Sie zeigt ferner, dass auch Kinder nicht frei vom Hexenwahn waren und die Obrigkeit auch hier recht besonnen urteilte.
Anfragen zu Reproduktionen in hoher Auflösung und druckfähige Vorlagen erhalten Sie von der unter Bestand/Sign. genannten Einrichtung.