Seit der Verordnung vom 14. Mai 1816 erhoben die kurhessischen Behörden systematisch, in jährlichem Turnus und zunehmender Informationsdichte Angaben über die familiären- und gewerbsmäßigen Verhältnisse der jüdischen Bevölkerung. Die Aufstellungen ermöglichten einen Überblick über die Wirkungen der staatlichen Regelungen, aber auch die Kontrolle über die jüdische Bevölkerung. Die statistischen Erhebungen erlauben auch heute noch einen differenzierten Einblick in deren sich langsam verändernde Lebensverhältnisse.
Die Übersicht von 1858 lässt gut erkennen, dass etwa der jüdische „Nothandel“ zumal auf dem Lande fast keine Rolle mehr spielte. Nur in Marburg war 1858 noch ein Dutzend Nothändler registriert. Alle anderen Juden im Kreise hatten inzwischen das Staatsbürgerrecht erlangt.
Ferner wird deutlich, dass die Zahl der ansässigen Juden begrenzt blieb. Nur in Marburg und Treis lebten überhaupt zehn oder mehr Familien. Von den insgesamt 73 jüdischen Familien gingen nur drei in Marburg einer freien oder akademischen Profession nach, ein Lehrer lebte in Roth. Einige Juden hatten es in handwerkliche Berufe geschafft, auffälliger Weise eine ganze Reihe in Fronhausen, Lohra und Roth. Viel breiter differenziert sind hingegen die Beschäftigungen im Handel vertreten, wobei der Klein- und Trödelhandel und vor allem der Viehhandel – mit Schwerpunkt in Treis – die dominierende Rolle spielt.
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