Das Erlernen eines Handwerks oder gar die Gründung eines Handwerksbetriebs war trotz der beabsichtigten „Besserung“ für Juden nicht leicht. Handwerk und Handel waren fast durchgängig zünftisch organisiert. Juden mussten von den – zudem christlich geprägten – Zünften aufgenommen werden. Da die Zünfte darauf ausgerichtet waren, drohende Konkurrenz von der eigenen Branche fernzuhalten, um ihren Zunftgenossen ein auskömmliches Geschäft zu sichern, fanden Juden hier nur schwer Zugang.
So legte die Marburger Fleischerzunft im Juli 1818 in einem Schreiben an den Kurfürsten Wilhelm I. dar, dass es in der Umgebung Marburgs kein Dorf gebe, in dem nicht mindestens ein Jude Schlachterei betreibe. Dies führe dazu, dass die Zunft auf dem Lande gar nichts mehr absetze und in Marburg selbst weniger als eigentlich möglich und dem Bedarf an Fleischwaren zuträglich wäre. Die Juden würden über Land ziehen und hausieren – unter dem Vorwand, dass das Fleisch bestellt worden sei. Die Lasten des Gewerbes, zumal die Steuern, würden ungerechter Weise jedoch nur die zünftigen Fleischer aufbringen. Dies sei ungerecht. Daher bat die Zunft den Kurfürsten, den Juden den Fleischhandel in den Städten wie auf dem Lande und insbesondere das Hausieren zu verbieten.
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