Das Gutachten des Universitätsrichters und Landgerichtsdirektors Dr. jur. Theodor Jeß gibt ein beredtes Beispiel für die auch in der akademisch gebildeten „Mitte der Gesellschaft“ des Kaiserreichs gepflegten antisemitischen Stereotype.
So führte der Universitätsrichter neben anderem aus: „Ich betrachte das Judentum als ein eigentümliches internationales Volksgebilde, welches stolz auf seine vieltausendjährige Geschichte und an besonderen Sitten und Gebräuchen festhaltend über die ganze Erde zerstreut nie und nimmer in den einzelnen Nationalitäten aufgehen will und wird. Der Sonderbündelei, welche die Juden diesem ihrem Volkscharakter entsprechend überall treiben, dadurch Halt und Stütze zu gewähren, daß man ihnen gestattet, auf den Universitäten in besonderen Vereinen öffentlich hervorzutreten, halte ich für eine nationale Gefahr, und überdies würde eine jüdische Vereinsbildung die Gegnerschaft der gesamten übrigen Studentenschaft herausfordern und zu endlosen Kämpfen und Reibungen Anlaß geben. […]“
Zwei Tage später legte er noch verschärfend nach, „daß es sich hier um eine internationale, deshalb antideutsche Vereinsbildung handelt.“
Diese Einwendungen setzten sich aber nicht durch. Der Verein wurde nach Rückfragen bei anderen deutschen Universitäten und Veränderung von dessen Statuten genehmigt.
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