Der Krieg zwischen Österreich und Preußen ist zwar zu Gunsten von Preußen entschieden, aber der Rückzug und Transport der preußischen Truppen geht nur langsam voran. Fritz Ludwig aus Niederkleen kann es kaum erwarten, aus dem Kreig wieder nach Hause zu kommen. So schreibt er seinen Eltern:
Schlaag, den 12ten August 1866
Liebe Eltern!
Euren Brief vom ersten August mit den zwei Talern habe ich richtig erhalten, und ich setze mich sogleich dran, Euch wieder zu schreiben, weil Ihr mir immer Vorwürfe macht, Ihr wäret immer die letzten, die einen Brief kriegten, und weil er heißt: Nun haben sie alle geschrieben bis auf den noch nicht. Zwar habe ich Euch immer noch so schnell wie möglich geschrieben, als es äußerst möglich war, denn Ihr könnt Euch denken, wenn man des Morgens von 5 Uhr bis zum Mittag 3 und manchmal bis 5 Uhr in der größten Hitze marschieren muß, und kommt [zum] Biwak, und muß sich dann Kartoffeln suchen, die halbreif sind und kochen, ohne ein Stückchen Brodt dabei zu haben, dann vergeht einem das viele Briefeschreiben.
Gott sei Dank, die Tage sind überstanden, und fangen jetzt an, alle Tage schöner zu werden, denn wir kommen jetzt jeden Morgen um 12 Uhr, manchmal auch früher in die Quartiere und brauchen wenigstens unter freiem Himmel nicht mehr zu schlafen.
Als wir am 27ten Juli die Friedens-Botschaft erhielten, vor Wien, da sind wir sogleich zurück marschiert in ein Dörfchen, in welchem seit langer Zeit die ersten Quartiere waren, und am 30ten hatten wir eine große Königsparade bei einem furchtbaren Regen und Dreck, bei welcher der König mündlich seinen größten Dank ausgesprochen und unsern Major die Hand gab. Am andern Morgen sind wir zurück marschiert, zwar waren die Quartiere sehr schlecht, und sind auch jetzt noch nicht zum Besten, aber es ist doch besser wie Biwaklos.
Ihr könnt Euch gar nicht denken, was das für ein lumpiges Land ist, kein Silbergeld kennt man da nicht, nichts als Gulden von Papier und zehn Kreuzer, welche etwas kleiner sind als die Gulden, und es thut einem im Herzen weh, wenn man seinen blanken Taler für so ein Lumpenzeug geben muß. Keine Lichter kennt man da nicht, sondern so große Spähne von Fichtenholz, welche auf ein Eisen gesteckt werden oder in der Hand gehalten werden.
Wir sind jetzt wieder an der Böhmischen Grenze, und sollen nach Pilsen kommen, welches noch 7 Marschtage sind, und von da sollen wir auf die Bahn kommen, und dann werden wir bald wieder zu Wetzlar sein.....
Der Fritz Vogt läßt Euch vielmals grüßen, und Ihr sollt einen Gruß an seine Mutter bestellen.
Schreibt mir so bald als möglich wieder. Grüßt mir alle Freunde,....
Verbleibe ich Euer treuer Sohn Fritz
Adresse ist: An den Jäger Ludwig bei der 4ten Companie Rheinisches Jägerbatallion Nr. 8 des 8ten Armeecorps 16. Division.
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