Nachdem e.f.G. [eure fürstliche Gnädigkeit] aus gewohnter Guttat und fürstlicher Tugend durch göttliche Eingebung die Gnade und Gunst uns öffentlich verkündet, dass wir alle unsere Gebrechen, Beschwerden und Behinderungen e.f.G. anzeigen und zu erkennen geben dürfen, so wollen darüber dankbar sein. Darum haben wir diese folgenden Artikel und Punkte, die aus Armut, Bedrückung und Verderben erwachsen sind, zusammen hier aufgeschrieben [...].
26. Da man sich Sorgen darüber macht, dass hier zu Marburg und sonst viel gestohlen und den Juden, die hier täglich auf den Gassen laufen, verkauft wird, ist zu vermuten, dass, wo sie aus der Stadt bleiben, so etwas nicht geschieht. Deshalb bitten wir darum, sie des Landes vertreiben zu lassen.
Gnädiger Fürst und Herr, wir bitten untertänigst, die hier notdürftig geschriebenen Artikel und Beschwerden e.f.G. armen Stadt gnädig zu betrachten und unsere Bitten und Wünsche, die wir doch zu e.f.G. Wohlgefallen verändert wünschen, einzuhalten. [...]Bitten auch gnädig um Antwort.
E.f.G. untertänig
Bürgermeister, Rat, Zunft und Gemeinde zu Marburg.
Erläuterung:
In Marburg musste etwa die Hälfte der Einwohnerzahl allein für die gesamte Steuerlast der Stadt aufkommen, denn Geistliche, Burgmannen und landgräfliche Beamte galten als privilegiert und mussten keine Steuern zahlen. In die Kritik über die ungerechte Abgabenverteilung in der Stadt sowie auf dem Land mischte sich nach 1517 auch die Kritik an den Missständen in der Kirche. Als im Frühjahr 1525 die Bauernaufstände in Süddeutschland ausbrachen, unterstützte Landgraf Philipp die Fürsten bei der Niederschlagung der Revolten. Um Unruhen im eigenen Land zu verhindern, beauftragt er im August ein Ratsmitglied, die Beschwerden und Forderungen der Bürger und Bauern festzuhalten. Im September 1525 schrieben daher Bürgermeister, Rat, Zunft und die Gemeinde ihre Nöte und Ansprüche in 36 Artikeln auf. Sie betreffen Alltagssorgen, kirchliche Belange, den Handel, die Zünfte und die Ordnung der Stadt.
Einer der Artikel, Punkt 26, handelt von dem Umgang mit Juden.
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