Patrick Hamilton
Patrick Hamilton (1504 – 1528) war ein schottischer Reformator und protestantischer Märtyrer. Er entstammte dem schottischen Hochadel, verwandt mit dem schottischen König1, und wurde vermutlich auf einem der familiären Anwesen in Linlithgow, Kinneill oder Kincavill2 geboren. Nach Abschluss der Elementarschule verfolgte er eine klerikale Ausbildung und studierte an der Universität von Paris, welches als „internationales Zentrum“3 der Zeit galt und besonders für schottische Studenten, durch die innigen politischen, militärischen und kulturellen Beziehungen zwischen Frankreich und Schottland, attraktiv war.
An der Universität von Paris zirkulierten nicht nur humanistische Ideen, insbesondere die des Erasmus von Rotterdam, sondern auch etliche Schriften Luthers, zu einem Zeitpunkt, an dem beide Strömungen noch in dieselbe Richtung zu weisen schienen. Letztere Werke hatten auf Hamilton einen derartigen Einfluss, dass von einem „Lutheraner in nuce“4 gesprochen werden kann.
Es gilt als wahrscheinlich, dass Patrick Hamilton im Anschluss seines Magisters in Paris 1521 oder 1522 zur Universität von Löwen übersiedelte, an der Erasmus von Rotterdam bis Mitte 1521 lehrte, wenngleich unklar bleibt, ob er auf Erasmus traf oder nicht5. 1523 kehrte Patrick Hamilton nach Schottland zurück, zunächst als Student, und wurde ein Jahr später Lehrer an der Universität von St. Andrews6. In den folgenden Jahren predigte Hamilton lutherisches Gedankengut, insbesondere sola scriptura und die Darstellung des Papstes als Antichrist, und zog die Missgunst der Kirche auf sich, die 1525 ein Importverbot für Bücher des „Häretiker[s] Luther“ erwirkte7. Allerdings wurde, aufgrund Hamiltons ausgezeichneter Kontakte, zunächst nur halbherzig ein Verfahren gegen ihn eingeleitet8. So wurde er von offizieller Seite rechtzeitig gewarnt und konnte Anfang 1527 aus Schottland entkommen.
Nun zog es ihn zunächst auf das europäische Festland und später ins protestantische Hessen, wo er, vermutlich während seiner Reise, von der neugegründeten und allerersten protestantischen Hohen Schule in Marburg erfuhr. Marburg war im Begriff sich zu einer der Knotenpunkte der Reformation zu entwickeln, besonders durch Hohe Schule, die schon in ihren ersten Jahren „auffallend viele Ausländer“10 zu ihren Studenten zählte. Durch den regen intellektuellen Austausch wurde Marburg in ganz Europa mit der Reformation verknüpft. Verschiedene Buchdrucker aus Antwerpen, die wegen der Verfolgung durch die Kirche anonym bleiben wollten, benutzten etliche erkennbare Pseudonyme, darunter den berühmten reformatorischen Drucker Hans Lufft, eigentlich ansässig in Wittenberg, jedoch mit der Angabe des Standortes Marburg,11 um ihre gedruckten Werke als eindeutig reformatorisch zu kennzeichnen.
In Marburg entwickelte Hamilton, der offiziell Student und kein Lehrender war, Thesen für eine öffentliche Disputation in der Artistenfakultät12, welches sonst nur das Privileg der Professoren war. Dass es ihm trotzdem erlaubt wurde, eine Disputation zu führen, verdankt Hamilton dem Vertrauensverhältnis zu Franz Lambert von Avignon, zu der Zeit Professor in Marburg. Franz Lambert war ein entscheidender protestantischer Reformator in Hessen, maßgeblich an der Homberger Synode und der Universitätsgründung in Marburg beteiligt. Hamiltons Thesen wurden später in seinem Werk Patrick’s Places, von John Frith ins Englische übersetzt, verarbeitet, das zeitweise ein solcher Erfolg in seiner Heimat wurde, dass sich innerhalb der protestantischen Bevölkerung nur Bibelübersetzungen besser verkauften12, während Franz Lambert auf dem Kontinent die Thesen seines Schülers nach dessen Tode verbreitete.
Ende 1527 entschied sich Patrick Hamilton nach Schottland zurückzukehren, um die Reformation weiter voranzutreiben. Kurz nach seinem Eintreffen wurde er verhört, jedoch nicht auf Dauer festgesetzt und er konnte unbehelligt predigen13. Die Kirchenvertreter fürchteten noch immer den gewichtigen Einfluss, den die Familie Hamilton ausübte, und versuchten mit allen Mitteln, Patrick zum Umdenken zu bewegen. Als dieser sich jedoch inständig weigerte und den Vorschlag einer erneuten Flucht ebenfalls zurückwies, musste ihm der Prozess gemacht werden13.
Während des Prozesses bekannte Patrick Hamilton sich offen zu den lutherischen Häresien und wurde Ende Februar 1528 zum Tode verurteilt14. Kurz vor der Vollstreckung wurde noch ein Versuch seitens des Bruders, James Hamilton, und des Clans unternommen, ihn gewaltsam zu befreien, doch die Witterungsbedingungen verzögerten den Vormarsch derart, dass sie zu spät kamen.15Autor: Alexander Debney
Grundlegende Untersuchung zu Patrick Hamilton bei: Haas, Rainer. Franz Lambert und Patrick Hamilton in ihrer Bedeutung für die Evangelische Bewegung auf den Britischen Inseln. Marburg, 1973.
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1 Haas, Rainer. S. 52.
2 S. 54
3 S. 54f.
4 S. 58
5 S. 59
6 S. 61
7 S. 62f.
8 S. 63
9 S. 64
10 S. 9
11 S. 28
12 S. 67f.
13 S. 75
14 S. 78f.
15 S. 81
Bildquelle: http://www.thereformation.info/Images/PatkHamilton.jpg
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