Dokument 35: GEHEIMER BRIEFWECHSEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMÜTIGEN
aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1547.
6 Schiefertäfelchen in Holzrahmen, in zeitgenössischem Lederfutteral, [1547/48].
Bestand Samtarchiv, Schubl. 38 Nr. 4261 (Bestand 3 Nr. 1006 Anm.).
GEHEIMER BRIEFWECHSEL LANDGRAF PHILIPPS DES GROSSMUTIGEN | |
| aus der kaiserlichen Haft nach der Niederlage im Schmalkaldischcn Kricg 1547 6 Schiefertäfelchen in Holzrahmen, in zeitgenösischem Lederfulteral, [1547/48]. Bestand Samtarchiv, Schubl. 38 Nr. 42 bl (Bestand 3 Nr. 1006 Anm.). |
Nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes im Kriege gegen Kaiser Karl V. mußte sich Landgraf Philipp in der Kapitulation von Halle am 18. Juni 1547 seinem Gegner auf Gnade und Ungnade ergeben. Der Kaiser hat ihn sogleich in eine zeitlich unbefristete strenge Haft nehmen lassen und ihn zunächst unter Bewachung durch spanische Truppen über ein Jahr in Süddeutschland festgehalten, in Nördlingen, Donauwörth und zuletzt in Speyer. Von dort wurde der Landgraf im Herbst 1548 in die Spanischen Niederlande in die Festung Oudenaarde verbracht und zwei Jahre später nach Mechelen verlegt. Die schon in Deutschland mit demütigenden und oft schikanösen Bedingungen verknüpfte Isolationshaft wurde hier noch verschärft.
Gleichwohl konnte der Landgraf auch aus der Gefangenschaft heraus die Regierungsgeschäfte weiterführen. Mit seiner Familie und mit seinen Räten in Kassel stand er in dauernder enger Korrespondenz. Neben diesem von den Spaniern ständig kontrollierten offenen Briefwechsel wurden zwischen Kassel und dem Gefängnis des Landgrafen regelmäßig Kassiber gewechselt, die in Kleidungsstücke eingenäht, auf winzigen Zetteln in Taschenkalender gesteckt oder auf leicht zu löschende Schiefertäfelchen geschrieben wurden, z.T. in verschlüsselter Form. Die Masse dieses Materials ist vernichtet, doch haben sich einige der Schreibkalender und der Schiefertäfelchen erhalten. Die Mitteilungen und Anweisungen, die in ihnen niedergelegt waren, finden sich in dechiffrierter Form in den Akten der hessischen Räte.
Schiefertäfelchen wie die hier gezeigten waren im 16. Jahrhundert eine übliche Art des Notiz „buches“. Je sechs von ihnen konnten, über den Rücken als kleiner Codex verbunden oder fortlaufend als Leporello, in einem Lederfutteral in den Standardabmessungen von etwa 4,2 x 8,5 cm vereinigt werden. Als gering geachteter Gebrauchsgegenstand waren sie dem raschen Verschleiß ausgesetzt und sind heute nur noch in wenigen Stücken überliefert. Ein fast identisches Exemplar befindet sich im Deutschen Ledermuseum in Offenbach. F.W.
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